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Continental-Chef Neumann vor dem Aus

31. Juli 2009

Beim Autozulieferer Continental bleibt es spannend: Auf einer dramatischen Aufsichtsratssitzung konnte sich Conti-Chef Neumann zwar inhaltlich durchsetzen, persönlich hat er jedoch verloren. Bald soll er gehen.

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Karl-Thomas Neumann (Foto: dpa)
Noch Vorstandsvorsitzender von Continental: Karl-Thomas NeumannBild: picture-alliance/dpa

Continental-Vorstandschef Karl-Thomas Neumann soll auf Drängen des Großaktionärs Schaeffler innerhalb der nächsten zwei Wochen abberufen werden. Im Machtkampf zwischen den beiden hoch verschuldeten Konzernen hat Schaeffler damit seine Muskeln gezeigt. Im Ansehen bei der Conti ist das fränkische Familienunternehmen allerdings auf einen neuen Tiefpunkt gesunken. Und das mitten in der schwersten Krise der Automobilindustrie.

Drama in Hannover

Es war eine dramatische Marathon-Sitzung des Aufsichtsrats am Donnerstagabend (30.07.2009) in Hannover, in der das zerrüttete Vertrauensverhältnis zwischen Schaeffler und dem 48-jährigen Conti-Chef offen zutage trat. Offensichtlich hatte Schaeffler zunächst einen Rücktritt Neumanns gefordert, was dieser jedoch ablehnte, weil er sich der Conti verpflichtet fühle.

Eine förmliche Abberufung des Vorstandsvorsitzenden mit Zweidrittel-Mehrheit scheiterte am geschlossenen Widerstand der zehn Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, wie der stellvertretende Conti-Aufsichtsratschef Werner Bischoff von der Gewerkschaft IG BCE berichtete. Daraufhin hätten die Kapitalvertreter ein Vermittlungsverfahren eingeleitet, um Neumann auch mit einfacher Mehrheit ablösen zu können. Der sichtlich aufgewühlte Bischoff kritisierte, die Ablösung Neumanns sei die falsche Entscheidung: "Ein guter Mann geht von Bord."

"Ungewöhnliche und sehr enttäuschende Entwicklungen"

Eingang (Foto: ap)
Die Schaeffler-Gruppe setzt sich bei Continental durchBild: AP

Neumann selbst wirkte nach der Sitzung müde, aber gefasst und deutete seinen baldigen Abgang nur an. Es habe "ungewöhnliche und sehr enttäuschende Entwicklungen gegeben", die es ihm "sehr schwer" machten, auf Dauer vertrauensvoll mit Schaeffler zusammenzuarbeiten.

Der 48-Jährige hatte in den vergangenen Wochen und Monaten Schaeffler gegen sich aufgebracht. Mit Blick auf die Hängepartie bei den Verhandlungen über eine mögliche Fusion war Neumann in die Offensive gegangen. In einem Brief an Schaeffler hatte er den Franken vorgeworfen, Vorschläge von Conti zu einem gemeinsamen Konzern zu blockieren. Eigentümerin Maria-Elisabeth Schaeffler und Geschäftsführer Jürgen Geißinger hätten durch ihr Verhalten "in erheblichem Maße" den Unternehmenswert der Continental AG zerstört. Schaeffler wies die Anschuldigungen umgehend zurück.

Grünes Licht für Kapitalerhöhung

Immerhin konnte sich Neumann noch mit seinem Plan einer Kapitalerhöhung durchsetzen, die von Schaeffler zunächst sehr skeptisch gesehen wurde, weil sie den Anteil an Conti verwässern könnte. Schließlich gab der Aufsichtsrat doch grünes Licht für eine Kapitalerhöhung von bis zu 1,5 Milliarden Euro. Damit soll der klamme Konzern auf eine finanziell solidere Basis gestellt werden.

Continental und Schaeffler verhandeln seit Monaten über die Zukunft der beiden hoch verschuldeten Konzerne. Eine mögliche Fusion oder Übernahme von Schaeffler durch Conti scheint wegen vieler offener Fragen vorerst vom Tisch zu sein. Dies bedeutet, dass beide Konzerne zunächst eigenständig bleiben.

Schaeffler hält knapp die Hälfte der Conti-Aktien, weitere 40 Prozent sind bei Banken geparkt. Das Familienunternehmen aus Herzogenaurach hat sich mit der zehn Milliarden Euro teuren Übernahme des dreimal größeren Konkurrenten verhoben und rund elf Milliarden Euro Schulden. (rb/det/ap/dpa/rtr)