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Contra - Rückzug ist das falsche Signal

6. Oktober 2009

US-Kommandeur McCrystal, warnt vor einer Niederlage gegen die Taliban. Jetzt wird offen über einen Rückzug aus Afghanistan debattiert. Das falsche Signal, meint Daniel Scheschkewitz in seinem Kommentar.

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Daniel Scheschkewitz (Foto: dw)
Daniel ScheschkewitzBild: DW

Die internationalen Schutztruppen in Afghanistan haben ein klares Mandat. Sie sollen den Wiederaufbau militärisch absichern und die Afghanen in den Stand versetzen, ihr Land wieder selber zu kontrollieren. Dazu bedarf es immer häufiger auch gezielter Kampfeinsätze, weil die Taliban in einigen Regionen des Landes auf dem Vormarsch sind. Dennoch ist in den vergangenen Jahren mit internationaler Hilfe schon viel geleistet worden.

Schulen und Universitäten haben ihre Pforten geöffnet und bieten Unterricht auch für Mädchen an. Die ANA, die afghanische Armee, ist auf dem Wege in weiten Teilen des Landes wirksame Kontrollfunktion zu übernehmen. Der Aufbau eines Justiz- und Polizeiapparates ist weit fortgeschritten. Sicherlich, man könnte weiter sein, wenn man von Anfang an mehr Kräfte in den zivilen Wiederaufbau gesteckt hätte. Jetzt aber die internationalen Schutztruppen abzuziehen, hieße das Land sich selbst zu überlassen.

Abzugsdiskussion ermutigt Gegner des Einsatzes

Die Taliban, einzelne Warlords und die mit ihnen verbündeten Drogenbarone wären die Gewinner, das Land würde für Jahre wieder in Chaos und Willkür-Herrschaft zurückfallen. Die Afghanen selbst scheinen gegenwärtig nicht mehr an den Erfolg der ISAF-Mission zu glauben, sagen Kenner des Landes. Wie kann das Vertrauen für den Einsatz in Afghanistan aber wieder hergestellt werden? Wohl kaum durch Abzugsdiskussionen, die nur den Gegner ermutigen.

Vielmehr wäre ein verstärktes Engagement nötig, denn noch immer ist die Zahl der stationierten Truppen der ISAF zu gering, als dass man auf Dauer erfolgreich sein könnte. Ihr Einsatz muss im Übrigen dort erfolgen, wo die Taliban am Erstarken sind. Einzelne NATO-Kontingente müssen deshalb flexibler von einem in den anderen Landesteil verlegt werden können. Und: noch mehr Aufgaben müssen von den afghanischen Sicherheitskräften übernommen werden. Die müssen gut bezahlt und ausgebildet sein und eigenständig operieren können.

Beispiel Irak

Der Irak hat es gezeigt, mit einer erhöhten Kraftanstrengung und dem gezielten Einsatz der zur Verfügung stehenden Ressourcen kann auch ein schwieriges Land stabilisiert werden. Das muss das Ziel bleiben, auch wenn es noch ein paar Jahre dauern wird. Erst dann, wenn Afghanistan wieder halbwegs auf eigenen Beinen zu stehen vermag, wird sich die internationale Staatengemeinschaft guten Gewissens vom Hindukusch zurückziehen können.

Autor: Daniel Scheschkewitz Redaktion: Stephanie Gebert