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Costa Ricas neue starke Frau

10. Mai 2010

Laura Chinchilla ist die erste Frau an der Staatsspitze von Costa Rica. Ihr Vorgänger, Friedensnobelpreisträger Oscar Arias, hinterlässt große Fußstapfen, aber auch ungelöste Probleme.

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Laura Chinchilla (Foto: AP)
Die erste Präsidentin Costa Ricas: Laura ChinchillaBild: AP

Die Politologin Laura Chinchilla ist am Samstag (08.05.2010) in San José als Präsidentin von Costa Rica vereidigt worden. Die Zeremonie erfolgte unter freiem Himmel auf der Explanada de La Sabana, einer der Hauptstraßen San Josés, vor rund 25.000 Menschen. Die mit einem spanischen Unternehmer verheiratete Chinchilla kündigte an, eine Regierung des offenen Dialogs zu bilden. Sie werde für Transparenz in der Politik sorgen und sich auch für den Umweltschutz einsetzen. Sie bekräftigte zudem, dass sie alle gesetzlichen Möglichkeiten ausschöpfen werde, um mit harter Hand gegen die zunehmende Kriminalität vorzugehen und den Rechtsstaat und die Demokratie in Costa Rica zu verteidigen.

Bei den Präsidentschaftswahlen Anfang Februar konnte sich die Sozialdemokratin gleich im ersten Wahlgang durchsetzen. Sie erzielte 47 Prozent der Stimmen. Chinchilla steht für die Fortsetzung der liberal-sozialdemokratischen Politik des bisherigen Amtsinhabers Oscar Arias. Der Friedensnobelpreisträger durfte laut Verfassung nicht kandidieren. Allerdings hatte ihre Partei der Nationalen Befreiung (PLN) bei den Wahlen die absolute Mehrheit weit verfehlt und stellt nur noch 24 der 57 Abgeordneten.

Eine selbstbewusste Frau

"Ich bin die beste Alternative für Costa Rica", sagt Laura Chinchilla über sich selbst. Die selbstbewusste 50-Jährige gilt als enge Vertraute ihres beliebten Vorgängers Oscar Arias und kleidet sich gerne in den Farben der sozialdemokratisch orientierten Partei der Nationalen Befreiung, weiß und grün.

Die Tochter eines hohen Finanzbeamten wurde in eine Politikerfamilie hineingeboren. Sie studierte Politikwissenschaft und arbeitete zunächst als Anwältin. In den 90-er Jahren war Chinchilla Ministerin für Öffentliche Sicherheit, seit 2002 sitzt sie als Abgeordnete im Parlament. Von 2006 bis 2008 schließlich hatte sie das Amt der Vizepräsidentin inne. Sie ist mit dem spanischen Unternehmer José Maria Rico verheiratet und hat einen Sohn im Teenageralter.

Laura Chinchilla auf einer Wahlkampfveranstaltung in einem weiß-grünen Fahnenmeer (Foto: AP)
Weiß und Grün sind die Farben der sozialdemokratischen Partei PLNBild: AP

Unaufgeregter Wahlkampf

Im ohnehin recht unaufgeregten Wahlkampf unterschied sich ihr Programm nicht wesentlich von dem ihrer Mitbewerber. Chinchilla kündigte wie ihre Konkurrenten an, sie wolle mit harter Hand gegen die steigende Kriminalität im Land vorgehen und auch den Rauschgifthandel zwischen Süd- und Nordamerika bekämpfen, der Costa Rica zunehmend als Transitland benutzt.

Allein im vergangenen Jahr wurden in Costa Rica fast 1.000 Menschen ermordet. Meist standen die Gewalttaten im Zusammenhang mit dem Drogenhandel. Durch das mittelamerikanische Land wird zunehmend mehr Rauschgift auf dem Weg von Süd- nach Nordamerika geschmuggelt. 90 Tonnen Kokain sind in den vergangenen drei Jahren in dem Land beschlagnahmt worden.

Wachsender internationaler Druck

Außerdem steht die Bekämpfung der Wirtschaftskrise auf ihrer politischen Agenda. Sie wird sich mit dem wachsenden internationalen Druck von Seiten der Regierungen auseinandersetzen müssen, denen die Steueroase Costa Rica nach wie vor ein Dorn im Auge ist. Die Wirtschaft des mittelamerikanischen Landes basiert auf dem Tourismus sowie dem Anbau von Kaffee, Ananas und Bananen. Vor allem bei Reisenden und Pensionären aus den USA und Kanada ist Costa Rica beliebt.

Gesellschaftspolitisch will Chinchilla die Teilnahme von Frauen am politischen Prozess stärken und sich auch verstärkt um die Belange von Jugendlichen und alten Menschen kümmern.

Bei kontroversen Themen wie Homo-Ehe und Abtreibung nimmt Chinchilla eine ablehnende Haltung ein. In den Wochen vor der Wahl suchte sie auch die Nähe zur katholischen Kirche. Bei einem Treffen der Präsidentschaftskandidaten mit der nationalen Bischofskonferenz versicherte sie: "Die christlichen Werte, die den Menschen ins Zentrum des Handelns stellen, sind fundamental für jedwedes politisches Handeln."

Laura Chinchilla, von Anhängern umjubelt, am Tag der Wahl nach ihrer Stimmabgabe in San Jose (Foto: AP)
Laura Chinchilla nach der Stimmabgabe bei den Präsidentschaftswahlen Anfang April in San JoséBild: AP

Neues Gesicht mit altem Rezept?

Chinchillas Anhänger versichern, eine Frau an der Spitze des Landes signalisiere den gesellschaftlichen Fortschritt und die Weltoffenheit Costa Ricas. Aber auch wenn sie mit ihrem Slogan "Cambio ya" ("Wechsel jetzt") im Wahlkampf gezielt auf den Faktor des Neuen gesetzt hatte, wird sich in Costa Rica nach ihrem Amtsantritt wohl nicht allzu viel ändern.

Chinchilla hat angekündigt, den Kurs ihres Vorgängers Oscar Arias weiterführen zu wollen. So wird es nicht leicht für sie werden, sich als eigenständige Politikerin zu positionieren. Und hier setzt auch die Kritik ihrer Gegner an, die die politische Ziehtochter von Oscar Arias gerne als dessen Marionette darstellen.

Autorin: Julia Belke (dpa, epd, ap)

Redaktion: Mirjam Gehrke