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Countdown für Discovery

Guido Meyer30. Juni 2006

Space-Shuttle-Flüge sind selten geworden seit dem Columbia-Unglück 2003 - im letzten Jahr gab es nur einen Flug mit der Discovery. Nun, fast ein Jahr später, steht dieselbe Fähre erneut auf der Rampe in Cape Canaveral.

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Die Discovery bei ihrem letzten Start im Juli 2005 auf dem Weltraumbahnhof Cape CanaveralBild: AP

Läuft der Countdown weiterhin nach Plan, soll Discovery am Samstag (1.7.) abheben und zur Internationalen Raumstation (ISS) fliegen. Wie schon nach der Columbia-Katastrophe hat die US-Raumfahrtbehörde Nasa in den vergangen Monaten die Startkonfiguration aus Fähre, Außentank und Zusatzraketen wieder einmal überarbeitet, verbessert und sicherer gemacht. Als die Discovery im August aus dem All zurückgekehrt war, hatte die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa bereits einen erneuten Startstopp ausgesprochen.

Internationale Raumstation ISS fünf Jahre bemannt
Das Ziel der Discovery ist die Internationale Raumstation ISSBild: dpa

Die erste von zwei Return-to-Flight-Missionen nach dem Columbia-Unglück war zwar ein Erfolg gewesen, aber nicht reibungslos verlaufen. Piers Sellers ist einer der vier Missionsspezialisten des kommenden Fluges: "Dies wird der zweite Testflug nach Columbia sein. Wir wollen sicherstellen, dass das gesamte Shuttle-System in der Lage ist, ohne Zwischenfälle beim Lift-Off eine Umlaufbahn zu erreichen." Zu dieser Überprüfung gehöre auch, dass so gut wie jeder Quadratzentimeter der Fähre nach dem Start untersuchen wird.

Es werden sich hoffentlich nur kleine Teile lösen

Die Außenhaut der Columbia war bei ihrem Start im Januar 2003 beschädigt worden. Vom braunen Außentank herabfallender Schaumstoff hatte ein Loch in den linken Flügel geschlagen, das beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre zum Verglühen der Fähre geführt hatte. Trotz Verbesserungsarbeiten war auch beim Start der Discovery wieder Isoliermaterial vom großen Treibstofftank abgeplatzt. Mark Kelly, Pilot der kommenden Shuttle-Mission: "Die größte Verbesserung besteht in dem Verfahren, wie wir den Schaumstoff auf den Tank auftragen. Dazu gehört, dass wir die Isolierschicht teilweise ganz weglassen, so dass sich von diesen Stellen keine gefährlich großen Stücke mehr lösen können. Dennoch werden sich wohl wieder Teile der Verkleidung lösen, aber hoffentlich nur kleinere Partikel."

NASA Space-Shuttle Astronaut Piers J. Sellers
Piers Sellers, einer von vier Missionsspezialisten des kommenden Discovery-FlugsBild: AP

Die Nasa hat die so genannten "Power Ramps" komplett entfernt. Diese Leisten aus Schaumstoff liefen bislang fast über die gesamte Länge des Tanks und haben Kabel, Leitungen und Heizungen abgedeckt. Wie sich der modifizierte Tank beim Start verhält, sollen Kameras festhalten. "Beim Abheben werden uns erdgebundene Teleskope und Bodenradar überwachen", sagt Piers Sellers. "Unsere Aufstiegsphase verfolgen dann Flugzeuge mit Fernrohren an Bord. Außerdem haben wir wieder eine Kamera an der Unterseite der Fähre befestigt und eine oben auf dem Tank, die beide an ihm hinunterschauen. So wollen wir herausfinden, ob sich irgendetwas löst."

Umladen per Greifarm

Auch auf beiden Feststoffraketen sind je drei Kameras angebracht, deren Videos die Nasa auswerten will, wenn sie die Booster nach dem Ausbrennen aus dem Atlantik geborgen hat. Fast 250 Kacheln der Außenhaut haben Techniker seit dem letzten Einsatz der Discovery im August ausgetauscht, ebenso 5000 der so genannten Gapfiller zwischen den Kacheln, von denen während der letzten Mission einer per Hand während eines Außenbordeinsatzes entfernt werden musste. Ist die Fähre eingehend inspiziert worden, steht am dritten Flugtag die Annäherung an die Internationalen Raumstation an. Nach dem Andocken soll das Umladen beginnen: Per Greifarm wird Missionsspezialistin Stephanie Wilson den Frachtcontainer Leonardo aus der Ladebucht des Shuttles hieven und ihn ebenfalls an die ISS docken. Am vierten Flugtag dann kann ausgeladen werden.

NASA Space-Shuttle Übungsvehikel mit den Astronauten Thomas Reiter, Piers J. Sellers und Stephanie D. Wison
Thomas Reiter, Piers Sellers und Stephanie Wison während eines Trainings für den Flug ins AllBild: AP

"Wir fliegen einige Experimente zur Raumstation, zum Beispiel einen Kühlschrank, in dem wir Proben aufbewahren können", sagt Wilson. "Dann haben wir einen Container der europäischen Weltraumagentur ESA dabei, in dem künftig biologische Experimente ablaufen werden. Wir werden ein System zur Sauerstoffaufbereitung für künftige Crews vorbereiten und schließlich haben wir eine neue Klimaanlage für das Destiny-Labor an Bord." Und noch etwas wird die siebenköpfige Crew der Discovery an Bord der ISS zurücklassen: einen Astronauten nämlich. Seit dem Columbia-Unglück von Anfang 2003 ist dies das erste Mal, dass die ISS zur bisherigen Mannschaftsstärke von drei Personen zurückkehrt. "Zwei Personen können den Betrieb der Station aufrechterhalten und ein wenig Zeit für die Wissenschaft erübrigen", erklärt Sellers. "Eine dreiköpfige Crew kann erheblich mehr Experimente durchführen. Außerdem ist es gut, dass wir einen Europäer dabei haben."

Umfassendes wissenschaftliches Programm

Als erster europäischer Langzeitastronauten betritt auch der erste Deutsche die Internationale Raumstation. Mit Thomas Reiter greift die ESA auf einen erfahrenen Kosmonauten zurück, der 1995/96 bereits ein halbes Jahr auf der russischen Mir-Station verbracht hat. "Wir haben natürlich schon ein recht umfassendes wissenschaftliches Programm, das ich abarbeiten werde, bestehend aus 19 Experimenten, hauptsächlich Physik, Astrophysik, Biologie und Humanmedizin", sagt Reiter.

Sigmar Wittig
Sigmar Wittig, Präsident des Deutschen Zentrums für Luft- und RaumfahrtBild: dpa

Ende des Jahres soll Thomas Reiter mit einer weiteren Discovery-Mission zur Erde zurückkehren. Im nächsten Jahr dann soll endlich Europas Weltraumlabor Columbus ins All geschossen werden und an einem der Andockknoten der ISS eine neue Bleibe finden. In drei Jahren schließlich soll die Mannschaftsstärke der Station noch einmal vergrößert werden, so dass Europa dann dauerhaft im All vertreten sein wird. Der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Sigmar Wittig: "Sie können schon davon ausgehen, dass bei sechs Astronauten immer ein Europäer mit dabei ist. Wenn man das dann so umlegt, dürfte im Turnus von 2 Jahren oder so immer ein Langzeitdeutscher mit dabei sein."