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Countdown für einen Krieg

Peter Philipp20. Dezember 2002

Die Reaktion der USA auf den irakischen Waffenbericht zeigt, dass der Countdown für einen Krieg läuft, meint Peter Philipp in seinem Kommentar.

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Denn es kann nicht sein, was nicht sein darf… So könnte man die neuen Warnungen aus Washington interpretieren, der Irak bewege sich auf einen Krieg zu, weil er in seinem Waffenbericht wichtige Angaben nicht aufgeführt und damit Informationen über mögliche Waffenprogramme unterschlagen habe. Die Warnung klingt umso eindringlicher als sie aus dem Munde von US-Außenminister Colin Powell kommt, dem Mann, der bisher alles daran zu setzen schien, den eher ungestümen Präsidenten zu bremsen und in einen internationalen Konsensus einzubinden.

Hoffnung bleibt

Gerade weil die jüngsten Warnungen von Powell kommen, bleibt noch ein Rest Hoffnung. Zumindest, wenn man die Dinge großzügig betrachtet. Denn aus den Worten des Außenministers geht auch hervor, dass der Irak seinen 12.000-Seiten-Bericht durchaus noch in den beanstandeten Passagen nachbessern und damit einen Krieg verhindern könne. Weniger großzügig betrachtet unterstreichen die Worte Powells aber nur erneut, dass die Uhr unablässig weiter tickt und der Countdown zum Krieg läuft. Denn niemand will wirklich ernsthaft annehmen, dass Saddam Hussein nun plötzlich mit "Nachträgen" zum Waffenbericht kommt, die man "versehentlich" in der ersten Fassung nicht aufgeführt habe. Nachdem der irakische Diktator immer darauf bestanden hat, keine Programme zur Entwicklung von Massenvernichtungswaffen zu betreiben, wäre ein solches spätes Eingeständnis sicher eine Bankrotterklärung Saddams. Und die erwartet niemand.

Andererseits fällt es auch schwer, das amerikanische Verhalten voll nachzuvollziehen und zu verstehen, weil es darauf angelegt zu sein scheint, die Schlinge für Saddam kontinuierlich enger zu ziehen. Egal, was dieser sagt und was er tut. So als sei das Urteil über ihn längst gesprochen und als vertreibe man sich die Zeit bis zum Abschluss des amerikanischen Truppenaufmarsches nur noch mit Marginalien – dem scheinbaren Eingehen auf die Spielregeln der Vereinten Nationen.

Zensur


Ein Indiz hierfür mag die Zensur des irakischen Waffenberichtes durch die USA gewesen sein, ein anderes die sehr schnelle Feststellung, die 12.000 Seiten enthielten nichts Erhellendes. Die Zensur ist nicht hinnehmbar, weil der Bericht der UNO – und damit der Welt – übergeben wurde und nicht dem Pentagon. Die schnellen Schlussfolgerungen aber könnten daher rühren, dass die Amerikaner ganz gezielt Dinge in dem Bericht gesucht haben und sie dort nicht fanden.

Wie dem auch sei: Bei allem demonstrativen Unmut über Bagdad scheint Washington vorerst die von der UNO gesetzten Spielregeln einhalten zu wollen. Und die fordern unter anderem auch, dass zunächst einmal die Waffeninspektoren bis Ende Januar Zeit haben, ihre Kontrollen fortzusetzen. Dann müssen sie ihren Bericht vorlegen und erst dann können die angedrohten Konsequenzen gezogen werden. Also erst im Februar.
Bis dahin werden die Amerikaner auch brauchen, um ihre Truppen ausreichend in der Region zu verstärken. Bis dahin könnte aber auch noch vieles andere geschehen.