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Dänemark will Finanzierung von Nazi-Sender stoppen

14. November 2003

Ein Nazi-Radiosender aus Kopenhagen verbreitet rechtsextreme Propaganda. Finanziert wird er durch Steuergelder. Dänemarks Kulturminister Brian Mikkelsen will jetzt den staatlichen Geldhahn zudrehen.

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Jonni Hansen im selbst gebauten StudioBild: dpa

Presse- und Redefreiheit sind die tragenden Säulen jeder Demokratie. Seit einigen Wochen fragen sich die Dänen jedoch, wie weit diese Freiheiten eigentlich gehen sollen. Denn ein kleiner Radiosender in einem Kopenhagener Vorort sendet rechtsextremistische Parolen und bekommt für seine Arbeit auch noch finanzielle Unterstützung durch die dänische Regierung. Allein für das Jahr 2004 seien dem Sender vom Kulturministerium umgerechtet wieder 10.500 Euro zugesagt worden, so Jonni Hansen, Präsident der rechtsextremistischen Partei DNSB (Dänemarks Nationalsozialistische Bewegung) und Leiter des berüchtigten "Radio Oasen". Damit wird der Sender etwa zu 50 Prozent vom Staat finanziert.

Rechtsextreme Parolen auf Kosten der Steuerzahler

"Radio Oasen" strahlt jede Woche mehr als 60 Stunden Programm aus und erreicht damit nach eigenen Angaben rund 150.000 Zuhörerinnen und Zuhörer. Seitdem der Kanal im Jahr 1996 auf Sendung ging, haben seine Macher nur ein einziges Mal ihre Lizenz verloren: Anfang 2002 wurde der Betrieb für drei Monate eingestellt – eine Reaktion der verantwortlichen Behörden auf die menschenunwürdigen Kommentare von "Radio Oasen" über Schwarzafrikaner, Juden, Marxisten und Homosexuelle. Doch bis heute ist auf der Frequenz des einzigen staatlich subventionierten Radiosenders der Welt neonazistisches Gedankengut zu hören.

Die DNSB propagiert ein "reinrassiges" Dänemark, nimmt an Märschen zum Gedenken an den Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess teil, spielt in ihren Radiosendungen das Horst-Wessel-Lied – die zweite Nationalhymne der deutschen Nationalsozialisten aus dem Jahre 1927 – und veranstaltet Radio-Live-Lesungen aus Adolf Hitlers " Mein Kampf". Das ist möglich, weil die Verbreitung von Nazi-Symbolen und Nazi-Parolen in Dänemark, im Vergleich beispielsweise zu Deutschland, nicht verboten ist.

Automatischer Förderung den Riegel vorschieben

Dass "Radio Oasen" seine rechtsextremistische Propaganda aber auf Kosten der Steuerzahler betreibt, erlaubt ein dänisches Gesetz, nach dem nicht verbotene lokale Rundfunksender öffentliche Zuschüsse erhalten können. Bisher wurde jedem Antragsteller das Geld automatisch bewilligt. Dieser Automatik will Dänemarks Kulturminister Brian Mikkelsen jetzt einen Riegel vorschieben, nachdem in den letzten Wochen der Druck der Öffentlichkeit auf die Regierung zugenommen hat. "Ich habe es immer schon irrational empfunden, dass ein Neonazi-Radio automatisch von staatlichen Zuschüssen profitiert", beklagt Mikkelsen. "Deshalb habe jetzt einen Antrag vorgelegt, mit dem die automatischen Fördermittel für lokale Radio- und Fernsehsender gestrichen werden sollen."

Mikkelsen: Neue Regelung ab 1.1.2004 möglich

Statt der automatischen Förderung sollen die Anträge der einzelnen Lokalsender in Zukunft individuell geprüft werden. Außerdem soll das Geld nur noch den Sendern bewilligt werden, die in ihrem Programm einen deutlichen Lokalbezug nachweisen können. Nach den Änderungsvorschlägen des Kulturministers würde "Radio Oasen" die notwendigen Voraussetzungen also nicht mehr erfüllen. Mikkelsen erwartet, dass die neuen Regelungen am 1.1.2004 in Kraft treten. Bis dahin aber kann "Radio Oasen" seine rechtsextreme Propaganda noch ungestört verbreiten – auf Kosten der dänischen Steuerzahler. (sü)