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Düstere Vorhersagen

Sabine Kinkartz / (pt)22. Oktober 2002

Kein Licht am Ende des Tunnels: Sowohl für dieses Jahr als auch für 2003 schrauben die führenden Wirtschaftsforscher ihre Prognosen drastisch zurück. Auch für den Abbau der Arbeitslosigkeit sehen die Forscher schwarz.

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Schwere Zeiten für den SparkommissarBild: AP

Überraschend sind die Zahlen nicht, die von den sechs führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute am Dienstag (22.10.2002) in Berlin vorgelegt wurden. Auf gerade einmal 0,4 Prozent wird das Wirtschaftswachstum in Deutschland für das laufende Jahr beziffert, damit nehmen die Institute ihre Prognose vom Frühjahr um deutlich mehr als die Hälfte zurück. Für das kommende Jahr sieht es ähnlich aus, auch dort werden die Zahlen nach unten korrigiert. War im letzten Gutachten noch von 2,4 Prozent Wachstum die Rede, so wird das Bruttoinlandsprodukt jetzt nur noch um geschätzte 1,4 Prozent wachsen.

Vielfältige Ursachen für Misere

Die Gründe nennt Roland Döhrn vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen: "Die Geldpolitik beließ die kurzfristigen Zinsen auf niedrigem Niveau, die Finanzpolitik nahm Mindereinnahmen aufgrund der flauen Konjunktur hin, aber sie wurde auch von Sondereinflüssen gebeutelt." Hinzu käme, so der Wirtschaftsexperte, dass die Konjunktur in den USA wieder an Fahrt verlor und gleichzeitig der Euro gegenüber dem Dollar aufgewertet wurde.

Womit beispielsweise die Flutkatastrophe entlang der Elbe gemeint ist. Ein Minderheitenvotum liefert im aktuellen Herbstgutachten das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Die Berliner sehen die konjunkturelle Lage 2003 noch düsterer als die anderen. Das DIW geht von einem Wachstum von gerade einmal 0,9 Prozent aus.

Steigende Arbeitslosenzahlen

Eine Wende am Arbeitsmarkt wird es mit den im Gutachten genannten Zahlen wohl nicht geben. Die sechs führenden wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute gehen statt dessen davon aus, dass sich die Zahl der Erwerbslosen 2003 um rund 50.000 auf durchschnittlich 4,1 Millionen erhöht. Aus den negativen Zahlen ergeben sich für die Wirtschaftsforscher klare Forderungen an die Politik. "Erstens sollen Erhöhungen von Steuern und Abgaben ausgeschlossen werden. Zweitens muss die Konsolidierung auf der Ausgabenseite erfolgen, dabei müssen konsumtive Staatsausgaben und Subventionen gesenkt und Ausgaben für Investitionen geschont werden. Drittens sollte der Kurs unabhängig von der konjunkturellen Lage gefahren werden", so Döhrn.

Die rot-grüne Bundesregierung sahen die Wirtschaftsforscher schon in den vergangenen Jahren auf dem falschen Weg, das gelte auch für den gerade eben geschlossenen Koalitionsvertrag. Steuern und Sozialabgaben anzuheben, so heißt es, sei das Gegenteil dessen, was wachstumspolitisch geboten sei. SPD und Grüne zeigen sich dennoch unbeeindruckt, weitere Haushaltskürzungen, wie sie im Herbstgutachten gefordert werden, lehnen sie ab.

Haushaltsdefizit rückläufig

Wenn auch kaum jemand von den negativen Prognosen im aktuellen Herbstgutachten überrascht sein dürfte, einen Lichtblick halten die Wirtschaftsforscher bereit: Sie erwarten einen deutlichen Rückgang des Haushaltsdefizits von 3,2 Prozent im laufenden Jahr auf 1,9 Prozent im Jahr 2003. Damit widersprechen die Forschungsinstitute den Prognosen aus Brüssel, die davon ausgehen, dass Deutschland auch im kommenden Jahr über der Drei-Prozent-Marke liegen wird.

In Bankenkreisen wird die Defizitprognose der Wirtschaftsforscher allerdings zurückhaltend beurteilt. Volkswirte rechnen vor, dass die Bundesregierung rund 30 Milliarden Euro einsparen müsste, um die Prognose der Institute beim Haushaltsdefizit zu erfüllen.