1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Düstere Wolken am Euro-Himmel

Rolf Wenkel (rtr, dpa, dapd)5. Juni 2012

Spanien bekommt kein Geld mehr an den Finanzmärkten, Euro und Aktien im Sinkflug, und auch Deutschland spürt die Krise: Die Industrieaufträge brechen ein, die Stimmungsbarometer deuten auf ein Sturmtief.

https://p.dw.com/p/158Cu
Dunkle Regenwolken hängen über der Skyline von Frankfurt am Main (Foto: dpa)
Bankenkrise SymbolbildBild: picture alliance/dpa

Spanien hat erstmals offen Probleme bei der Refinanzierung über die Finanzmärkte eingeräumt und so die Spekulation über eine weitere Eskalation der Krise in Euroland angeheizt. Die Märkte seien zu den derzeitigen Zinsen de facto für Spanien nicht mehr zugänglich, sagte Finanzminister Cristobal Montoro am Dienstag (05.06.2012) im spanischen Rundfunk. Dieses Eingeständnis drückte den Kurs des Euros deutlich unter die Marke von 1,25 Dollar und sorgte für neue Verluste an den Aktienmärkten.

"Der Risikoaufschlag bedeutet, für Spanien ist die Tür zum Markt geschlossen", sagte Montoro. "Wir haben als Staat ein Problem, den Markt anzuzapfen, wenn wir unsere Schulden refinanzieren müssen." Weder Deutschland noch Frankreich hätten das Land gedrängt, einen Antrag für internationale Hilfen zu stellen, sagte er zudem und dementierte damit anderslautende Presseberichte. Der nächste Härtetest steht für Spanien voraussichtlich am Donnerstag an: Das Land will durch den Verkauf von neuen Anleihen bis zu zwei Milliarden Euro aufnehmen.

Eine neue Industrie-Umfrage belegte nach Ansicht von Marktteilnehmern den derzeitigen Teufelskreis aus Einsparungen und wirtschaftlicher Schwäche in Europa: Die Eurozone bewegt sich dem Forschungsinstitut Markit zufolge auf eine Rezession zu.

Deutschland kann sich der Krise nicht entziehen

Auch aus Deutschland kommen im Zuge der verschärften Finanzkrise beunruhigende Nachrichten. Im Sog der weltweiten Konjunkturflaute brechen der deutschen Industrie die Aufträge weg. Die Bestellungen sanken im April um 1,9 Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Dienstag in Berlin mitteilte. Dies ist der stärkste Einbruch seit November 2011.

Das Neugeschäft aus dem Ausland brach im April um 3,6 Prozent ein, während die Nachfrage aus dem Inland um 0,4 Prozent zulegte. Die Aufträge aus den auf eine Rezession zusteuernden Euro-Staaten gingen um 1,8 Prozent zurück. Die Bestellungen aus Ländern außerhalb des Währungsgebietes, die noch im Vormonat massiv angezogen hatten, brachen im April um 4,7 Prozent ein - das größte Minus seit Januar.

Die insgesamt enttäuschenden Daten passen in das Bild einer sich abzeichnenden Konjunkturabkühlung in Deutschland: Die Privatwirtschaft meldete einer Umfrage des Instituts Markit zufolge im Mai bereits schrumpfende Geschäfte. Im zweiten Quartal droht der deutschen Wirtschaft demnach eine Stagnation. Von Januar bis März war das Bruttoinlandsprodukt noch um 0,5 Prozent gewachsen.

Nur eine Panikattacke?

Angesichts der neuen Unsicherheiten in Euroland hat sich die Stimmung im deutschen Mittelstand stark eingetrübt. "Sie erlebte im Monat Mai einen regelrechten Einbruch", berichtete die KfW Bankengruppe am Dienstag in Frankfurt bei der Vorlage des KfW-ifo-Mittelstandsbarometers. Das mittelständische Geschäftsklima sank nach den Angaben sehr kräftig: Die Abwärtsbewegung entspreche fast dem Dreifachen einer normalen Monatsveränderung.

Dabei schätzten die Mittelständler sowohl ihre aktuelle Geschäftslage als auch ihre Erwartungen deutlich schlechter ein als zuletzt, betonte die KfW. Sie hatte nach eigenen Angaben zwar eine Abkühlung des Geschäftsklimas erwartet, ist aber über das Ausmaß überrascht: "Die Stärke des Rückgangs dürfte eher als Panikattacke zu werten sein und damit die tatsächliche Abschwächung überzeichnen", hofft KfW-Chefvolkswirt Norbert Irsch.

Allerdings müsse die heftige Abwärtskorrektur des Geschäftsklimas sehr ernst genommen werden: "Das Vertrauen in die Krisenlösungskompetenz der europäischen Politik scheint nun auch in Deutschland zu schwinden. Das Risiko einer Abwärtsspirale aus sich selbst erfüllenden Negativerwartungen, bei der die Angst die Angst nährt, ist enorm gestiegen." Denn wenn die Verunsicherung in den Unternehmen weiter steige und auf die privaten Haushalte übergreife, werde die deutsche Konjunktur entscheidend geschwächt.