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"Dafür brauchen wir keine Banken mehr"

30. Juli 2016

Sie sind angetreten, um die altehrwürdige Bankenbranche umzukrempeln - die Fintech-Unternehmen. Die Abkürzung steht für Finanz-Technologie. DW sprach mit Matthias Knecht, Mitgründer von "Funding Circle".

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Matthias Knecht Co-Founder und Managing Director von Funding Circle
Bild: Funding Circle

DW: Wie lange dauert es bei Ihnen, einen Kreditantrag zu stellen?

Knecht: Wir versuchen, den Kreditantrag so kurz und so einfach wie möglich zu machen. Ein kleines Unternehmen kann auf unserer Website innerhalb von zehn Minuten den Kreditantrag stellen und die Dokumente hochladen, die wir brauchen. Wir geben den Unternehmen in 24 Stunden, aber maximal in 48 Stunden, die Rückmeldung, ob der Kredit bewilligt wird oder nicht.

In anderen Ländern sind wir noch ein bisschen weiter. Da können wir dem Unternehmen in der Minute, in dem es den Kreditantrag abschickt, direkt sagen, ob der Antrag angenommen wird und zu welchem Zinssatz. Die Entwicklung geht in die Richtung, dass wir dem Kreditnehmer so viel dieser manuellen Arbeit abnehmen wie möglich und so schnell wie möglich Bescheid geben, ob es klappt oder nicht. Das reduziert die Suchkosten für den kleinen Unternehmer. Kosten, die durch Besuche bei diversen Banken und Antragsstellen entstanden sind.

Also sagen Sie "Eigentlich brauchen wir die Banken nicht mehr"?

So weit würde ich gehen in unserem Segment. In dem kleinen Unternehmenskreditgeschäft - bei Kreditgrößen bis zu einer Viertelmillion - da würde ich sagen: "Das haben wir so gut im Griff, da kann jeder Kreditnehmer zu uns kommen, dafür brauchen wir keine Bank mehr."

Welche Rolle spielt die sogenannte "block chain technology"? Inwieweit wird die neue Technologie Ihr Geschäft beeinflussen?

Es ist eine unglaublich interessante Technologie, die vielen Anwendungen zugrundeliegen wird. Die Anwendung, die wir im Moment am meisten sehen, ist natürlich "bitcoin". Eine Art Währung, die durch "block chain" erst möglich gemacht wird. Ich gehe davon aus, dass "block chain" in den nächsten fünf bis zehn Jahren sehr viele andere Anwendungsbereiche finden wird. Zum Beispiel denken große Börsen mittlerweile, "clearing and settlement" danach zu machen. Weil die Information, wer welches Produkt oder welche Aktie gekauft hat, in einer "block chain" abgebildet werden kann. Für unser Business heißt es natürlich: wenn wir als Kreditmarktplatz für kleine Unternehmenskredite weltweit agieren, können wir es schaffen, dass Investoren mit einer Technologie wie etwa "block chain" weltweit ganz einfach investieren können, ohne durch lokale Währungen behindert zu werden.

Ihr Unternehmen expandiert. Sie bauen unter anderem in Berlin aus. Wie sind Ihre Perspektiven?

Die Perspektiven sind für mich unglaublich herausfordernd und spannend. Wir haben unser Unternehmen 'Funding Circle' in Kontinentaleuropa aus Berlin heraus aufgebaut. Wir haben unser Berliner Büro vor etwas mehr als zwei Jahren gegründet und sind heute schon in Kontinentaleuropa allein 100 Leute. Auf der ganzen Welt sind wir fast 600 Mitarbeiter. Das heißt: unser Berliner Büro ist von null auf knapp 100 gewachsen in zwei Jahren. Das Wachstum wird in ähnlicher Form auch weiter gehen und da bin ich sehr gespannt drauf, wie wir den Finanzmarkt aus Deutschland heraus umkrempeln können.

Wie schwierig ist es denn, das geeignete Personal zu finden?

Das ist in Teilen in der Tat schwierig. Und zwar nicht, weil es keine Leute dafür gäbe, sondern weil wir in unserer Branche mit großen anderen Firmen konkurrieren. Ich glaube, wir schaffen das mittlerweile sehr gut dadurch, dass wir unseren Mitarbeitern unsere Vision deutlich machen. Eine Vision, die Finanzindustrie von innen heraus umzukrempeln und für das neue Jahrzehnt fit zu machen.

Aber müssen Sie nicht ein bisschen mehr bieten als nur eine Vision?

Das ist richtig. Ich glaube, die Vision ist ein ganz wichtiger Teil, der das Unternehmen zusammenhält und der das Unternehmen führt. Mindestens genau so wichtig ist, dass wir unseren Mitarbeitern ein sehr flexibles Arbeitsumfeld bieten können. Bei uns wird man nicht in ein kleines Einzelbüro gesperrt, sondern über verschiedene Bereiche eingesetzt und ist sehr flexibel in der Organisation. Mittlerweile schaffen wir es auch, mit den Finanzinstituten zumindest teilweise beim Gehalt mitzuhalten. Ein weiterer wichtiger Punkt ist: alle unsere Mitarbeiter halten auch Anteile am Unternehmen. Wir wollen, dass jeder Mitarbeiter sich als Eigentümer des Unternehmens fühlt und nicht nur als Angestellter.

Das Interview führte Manuela Kasper-Claridge.

Matthias Knecht ist Co-Founder und Managing Director von Funding Circle, Marktführer der FinTech-Branche.