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Damit der Himmel offen bleibt

1. November 2014

Wo sind die, die mit uns gelebt und die wir geliebt haben? An Allerheiligen und Allerseelen, den katholischen Totengedenktagen, drängen diese Fragen ins Bewusstsein, so Pater Gerhard Eberts von der katholischen Kirche.

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Badische Landesbibliothek Karlsruhe Speyerer Evangelistar
Bild: Badische Landesbibliothek Karlsruhe

„Ich ruf es nach oben, der Himmel soll warten,
denn ich hab noch was vor, der Himmel muss warten.
Wenn alles vorbei ist, nimm mir den Atem,
doch noch bleib ich hier, der Himmel soll warten.“

Diesem Text des deutschen Rappers Sido stimmen viele zu. „Der Himmel soll warten“, sagen die einen, weil sie auf dieser Erde noch zu viel zu tun haben. „Der Himmel soll warten“, sagen die andern, weil sie die Vorstellung von einem Himmel für Kinderglauben halten.

Aber es gibt Tage, an denen uns der Himmel näher rückt. Tage wie diese: heute Allerheiligen und morgen Allerseelen. Zugegeben. Das sind katholische Feiertage. Aber auch Andersgläubige oder Nichtgläubige besuchen in diesem Monat November die Gräber. Auch sie fragen sich: Wo sind die, die mit uns gelebt haben, die wir geliebt haben und die nun tot sind? Ist mit dem Tod alles aus? Oder gibt es ein Weiterleben? Gibt es den Himmel? Was soll das sein: der Himmel?

Himmel – eine Art Käseglocke?

Ist der Himmel eine Art Käseglocke, die sich über die Erde wölbt? Diese Vorstellung beherrschte lange Zeit das Weltbild der Menschen und die Kirche hat noch daran festgehalten, als die Wissenschaft längst nachgewiesen hatte, dass die Erde eine Kugel ist. Ist der Himmel ein Palast mit einer kilometerlangen Zimmerflucht, mit Pomp und Prunk, der die Gerechte für erlittenes Unrecht entschädigt? Ist der Himmel ein Jubelberg, der als Lohn winkt für erlittenes Unrecht? Ist der Himmel oben, wo die Sonnen und Milchstraßen enden? Wir sehen schon, das sind sehr irdische Vorstellungen. Wunschvorstellungen.

Nein! So ist der Himmel nicht! Aber auch ich spreche über den Himmel wie ein Frosch, der über seinen Brunnenrand nicht hinausgekommen ist und der über das weite Meer phantasiert. Aber einer ist in unseren Brunnen hinabgestiegen. Einer, der uns von dem unendlichen Meer der göttlichen Liebe erzählt hat und damit vom Himmel: Jesus Christus. Für ihn ist der Himmel kein irdisch messbarer Ort, sondern die Welt Gottes. Jesus hat vom Himmel gesprochen wie von einem großen Fest, einem Hochzeitsfest, zu dem alle eingeladen sind, besonders auch die, die auf dieser Erde zu kurz kommen. Der Gastgeber aber ist niemand anderes als Gott.

Der Himmel ist also die Wirklichkeit Gottes. Mit dem Wort Himmel beschreiben wir sein pulsierendes Leben, seine lebenserhaltende Energie.

Der Weg zu Gott ist nicht das Raumschiff oder die Weltraumrakete. Der Weg zu Gott und damit zum Himmel sind der Glaube und das Ge­bet. Der Weg zu Gott ist die Liebe. Die Liebe zu Gott und zu den Mitmenschen. Mit dem Wort Himmel wird aber auch ausgedrückt, was Gott für jene Menschen sein wird, die sein Wort hören und ihm glauben. Der Himmel ist unsere Zukunft und unsere ewige Seligkeit.

Den engen Brunnenrand verlassen

Der Himmel beginnt dort, wo der Mensch sich einlässt auf die Bot­schaft Gottes, wo er dem Bösen nicht nur abschwört, sondern ihm widersteht. Der Himmel beginnt nicht erst im Jenseits, er beginnt hier auf Erden. Er beginnt dort, wo Frieden und Versöhnung wachsen, wo Gottes gute Schöpfung nicht ausgebeutet, sondern erhalten wird, er beginnt dort, wo wir uns in einsetzen für Menschen und Völker, deren Leben ohne unsere Hilfe zur Hölle würde. Der Himmel beginnt dort, wo die Liebe geübt wird und die Hoffnung über den engen Brunnenrand des irdischen Lebens hinausgeht.

Der ehemalige Bischof von Erfurt, Joachim Wanke, ein großartiger Erklärer der säkularisierten Welt, hat erzählt, er sei einmal am Frankfurter Flughafen angekommen und da sei ihm ein großes Plakat der „Deutschen Lufthansa“ aufgefallen. Auf dem Plakat war zu lesen: „Damit für Sie der Himmel offen bleibt, haben wir auf Erden viel zu tun. Ihre Lufthansa“

Bischof Wanke fügte hinzu: „Diesen Satz habe ich mir sofort notiert, um ihn als Botschaft an meine Priester und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterzugeben: „Damit für Sie der Himmel offen bleibt, haben wir auf Erden viel zu tun.“

Zum Autor: P. Gerhard Eberts, geboren im Sauerland, ist Missionar von der Heiligen Familie (MSF). Nach Priesterweihe und Journalistenausbildung war er von 1968 bis 2011 Chefredakteur der Ordenszeitschrift „Sendbote“. Gleichzeitig war er bis 1984 Redakteur der Monatszeitschrift Weltbild. Zwischen 1991 und 2000 war er Studienleiter und Dozent beim Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchs (ifp) in München. Von 2002 bis 2010 war er verantwortlich für die Pressearbeit der Katholischen Akademie in Bayern, München. Heute arbeitet er als Hochschulseelsorger in der Katholischen Hochschulgemeinde Augsburg (KHG) und gibt Exerzitien.

Pater Gerhard Eberts MSF altes Format
P. Gerhard Eberts MSFBild: Gerhard Eberts

Redaktionelle Verantwortung: Dr. Silvia Becker, Katholische Hörfunkbeauftragte