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Dann eben mit Gewalt...

Philipp Sandner14. April 2016

Vor 50 Jahren setzte Milton Obote die Verfassung außer Kraft und machte sich damit zum wichtigsten Mann im Staat. Ein Wendepunkt in der Geschichte Ugandas, der das Land bis heute prägt.

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Das Bild zeigt Milton Obote im Jahr 1965. Ein Jahr später ergriff er die Macht in Uganda und wurde Präsident des ostafrikanischen Landes. (Foto: Michael Stroud/Express/Getty Images)
Bild: Getty Images

Ob der ewige Präsident Yoweri Museveni oder vor ihm die Schreckensherrschaft von Idi Amin: Ugandas Geschichte ist geprägt von Figuren, die mit Hilfe des Militärs an die Macht gekommen sind. Oppositionspolitiker wie Kizza Besigye werden nicht müde, anzuprangern, dass es in Uganda seit der Unabhängigkeit keinen friedlichen Machtwechsel gegeben habe. Den Grundstein dafür legte ein weiterer ugandischer Herrscher: Milton Obote. Vor fünfzig Jahren - am 15. April 1966 - setzte er die Verfassung Ugandas außer Kraft und ernannte sich selbst zum Präsidenten. Damit entmachtete er zugleich Edward Mutesa II. - den König der Ethnie der Baganda, der in Personalunion Präsident Ugandas war.

Festigung eines alten Konflikts

Die Baganda waren die bevorzugte Ethnie der britischen Kolonialherren gewesen. Für Winston Churchill, seinerzeit Unterstaatssekretär für die britischen Kolonien, seien die Baganda ein zivilisiertes Volk gewesen, sagt der Züricher Historiker Frank Schubert. Andere ugandische Ethnien habe er als "Wilde" abgetan. "Auf dieses Verständnis, dass die Baganda etwas Besonderes sind, gründete später die Baganda-Elite ihren Machtanspruch", so Schubert im DW-Interview.

Die Opposition in Uganda versammelt sich um Oppositionsführer Kizza Besigye (Foto: DW/Emmanuel Lubega)
"Kein friedlicher Machtwechsel seit der Unabhängigkeit!" - Das ist der Vorwurf von Oppositionsführer Kizza Besigye, hier bei einer Veranstaltung in Ugandas Hauptstadt KampalaBild: DW/E. Lubega

Milton Obote war ein Langi aus Norduganda. Er stellte sich gegen diesen Machtanspruch der Baganda und damit gegen das Erbe der Kolonialzeit. Mit einer landesweiten Koalition - dem ugandischen Volkskongress (UPC) - schaffte er es, eine Mehrheit im Parlament zu erlangen. Im Gegensatz zu Präsident Mutesa, der die Fortführung der kolonialen Tradition verkörperte, sahen Zeitgenossen in Obote die Chance eines Neuanfangs. Seine politische Prägung hatte er in Kenia bekommen, wo er Seite an Seite mit dem späteren kenianischen Präsidenten Jomo Kenyatta für einen afrikanischen Aufbruch eintrat. Indem er den König entmachtete, konnte sich der Politiker der Sympathien vieler Bürger aus Ugandas Norden und anderen Landesteilen abseits des Königreichs der Baganda sicher sein.

Das Erbe: ein militarisierter Staat

Die Aufbruchsstimmung von Obotes Anfangsjahren hat die Legende des Unabhängigkeitshelden zumindest bei manchen Weggefährten und Mitgliedern seiner Partei UPC bis heute wachgehalten. So beim einstigen Außenminister Olara Otunnu, der 2011 als UPC-Präsidentschaftskandidat ins Rennen ging. Er zeichnet das Bild eines belesenen, hart arbeitenden Intellektuellen mit Humor, der für die Sache seines Landes eintrat: "Er war ein Nationalist durch und durch. Er versuchte, die verschiedenen ethnischen Gemeinschaften im Land zusammenzubringen." Doch zum Heldenruhm eines Patrice Lumumba in der Demokratischen Republik Kongo oder eines Kwame Nkrumah in Ghana - anderer wichtiger Figuren der afrikanischen Unabhängigkeitsbewegungen - sollte es Obote nie bringen. Zu sehr seien vor allem die späteren Jahre seiner Herrschaft von blutigen Konflikten und gewaltsamer Unterdrückung geprägt, schätzen Experten wie Frank Schubert.

Eine Frau flieht vor Unruhen und Ausschreitungen im Rahmen der Wahlen in Uganda im Februar 2016 (Foto: DW/O. Tangen)
Auch bei den jüngsten Wahlen im Februar kam es zu AusschreitungenBild: Ole Tangen

Denn allem Jubel über das Ende der Baganda-Vormachtstellung zum Trotz stellte Obotes Staatsstreich einen Wendepunkt dar, sagt Schubert: "Damit wurde ganz deutlich, dass das Militär eine zentrale Institution geworden war zur Lösung innenpolitischer Probleme - und dass sich politische Führer wie Obote nicht scheuen würden, das Militär einzusetzen - auch um den Preis, dass es eine eigene starke Rolle spielt." Die Geschichte ist gestreut von Putschen, die nicht immer in zivile Regierungen mündeten. 1971 putschte Obotes einstiger Zögling Idi Amin, und Obote ging nach Tansania in den Untergrund. Von dort kämpfte er sich 1980 zurück an die Macht - nur um fünf Jahre später erneut entmachtet und schließlich von einem anderen Zögling beerbt zu werden: dem heutigen Präsidenten Yoweri Museveni.

Auch Museveni lernte von ihm

Museveni - selbst aus der Jugendorganisation von Obotes UPC hervorgegangen - habe sich auf eine andere Weise der Polarisierung verschiedener Bevölkerungsgruppen bedient, die Obote vor ihm geprägt habe: Mit seinen westugandischen Guerillakämpfern habe er sich gegen die Armee durchgesetzt, die fast ausschließlich aus nordugandischen Langi und Acholi bestand.

Ugandas Präsident Yoweri Museveni (Foto: picture alliance/Kyodo)
Yoweri Museveni ist seit 30 Jahren an der MachtBild: picture alliance/Kyodo

Ab 1986 schaffte es Museveni, ein stabiles System zu schaffen, das ihm die Macht über Jahrzehnte sicherte. Doch seine Trickkiste gleicht an vielen Stellen der von Milton Obote: Im Kampf gegen die nordugandische Rebellengruppe Lord's Resistance Army bemühte Museveni wiederholt den Gegensatz zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen und erhöhte kontinuierlich das Budget der Armee. Wie schon Obote ließ er seinen Soldaten weitgehend freie Hand, auch wenn einzelne Teile der Armee für Massaker im Norden verantwortlich gemacht wurden. Die ugandische Armee kämpfte zuletzt in Somalia, dem Südsudan und der Zentralafrikanischen Republik. So bietet sie Museveni einen Vorwand, das Verteidigungsbudget ins Unermessliche zu erhöhen: Das Fachmagazin "Africa Confidential" geht davon aus, dass Uganda im Haushalt 2015/2016 insgesamt 460 Millionen US-Dollar für den Sicherheitsapparat ausgeben wird.