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Das Öl, das Gas und die Korruption

3. März 2011

Armut - auch bedingt durch Korruption hat in vielen ölreichen Staaten zu Unruhen geführt. Wie aber ist es bestellt mit der Bekämpfung der Korruption in den global tätigen Öl- und Gasunternehmen. Eine Studie klärt auf.

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Ein 500-Euro-Schein wechselt den Besitzer, Foto: dpa
Transparency International untersucht Korruption in der Öl- und GasbrancheBild: dpa
Transparency International Logo (Foto: dw)

Wie ernst nehmen weltweit tätige Öl- und Gasunternehmen das Thema Korruptionsbekämpfung? Eine Antwort auf diese Frage geben die Antikorruptions-Organisation Transparency International und das New Yorker Revenue Watch Institute in einer am Dienstag (01.03.) im Internet veröffentlichten Studie. Wer sich von der Korruptions-Studie eine Art Rangordnung der internationalen Öl- und Gas-Konzerne versprochen hat, wird aber von den Ergebnissen weitestgehend enttäuscht sein. Denn da Korruption viele Gesichter hat, ist es schwierig, Unternehmen in gut und böse einzuteilen.

Bei der Untersuchung wurden die Unternehmen nach drei Kriterien durchleuchtet: Es wurde geschaut, welche allgemeinen Angaben sie zu Anti-Korruptions-Programmen machen, wie transparent die Unternehmensstruktur ist und wie offen sie die Geschäftsbeziehungen in einzelnen Ländern darlegen.

Vorbild vergeblich gesucht

Ein libyscher Ölarbeiter in einer Raffinerie in Brega, Libyen, Foto: AP
Libyens Öl brachte Gaddafi Reichtum - das Volk blieb arm.Bild: AP

Kein einziges der 44 überprüften Unternehmen schneidet in allen drei Bereichen so gut ab, dass es besonders hervorzuheben wäre – so fasst der Geschäftsführer der deutschen Sektion von Transparency International, Christian Humborg, die Studie zusammen. Am wenigsten gäben die Firmen über Zahlungen an Regierungen preis. Das seien aber die politisch relevantesten Informationen. Und gerade die wollten die Menschen in den meistens armen, aber an Rohstoffen reichen Ländern wissen. "Dass wir hier mit wenigen Ausnahmen nur einen sehr schlechten Informationsstand haben, ist sehr bedenklich," urteilt Humborg. Denn die Veröffentlichung dieser Zahlen sei eine erste wesentliche Voraussetzung zur Korruptions-Bekämpfung, auch wenn Transparenz allein noch nicht Korruption verhindern könne.

Am besten schneidet in dieser Kategorie der norwegische Öl-Konzern Statoil ab, dessen Schwerpunkte in Skandinavien und Osteuropa liegen. Auch im Gas-Geschäft mischt Statoil mit. Weitaus weniger haben die Autoren der Studie über die internationalen Geschäftsergebnisse von anderen Schwergewichten aus der Rohstoff-Branche erfahren. So landen British Petroleum (BP), Exxon Mobil und Royal Dutch Shell in dieser Kategorie auf hinteren Plätzen. Fünf Unternehmen, darunter Petro China, machen dazu überhaupt keine Angaben.

Jede achte Firma scheint keine eigenen Anti-Korruptions-Programme zu haben, jedenfalls haben Transparency International und das Revenue Watch Institute keinerlei Informationen gefunden oder auf Nachfrage erhalten. Unter den acht Totalverweigerern befindet sich der mit Gazprom das weltweit größte Unternehmen dieser Branche.

Überraschende Erkenntnisse bei der Unternehmensstruktur

Gazprom Hauptquartier in Moskau, Foto: AP
Gazprom - Unternehmensstruktur nicht so schlecht, aber kein Anti-Korruptions-ProgrammBild: AP

Wenn es um die Unternehmensstruktur geht, gibt sich Gazprom laut Studie wesentlich offener und belegt einen guten Mittelfeld-Platz. Aus Sicht von Christian Humborg von Transparency ein weiteres Indiz dafür, wie komplex und schwer zu beurteilen das Phänomen Korruption sei. Er finde es bemerkenswert, dass in der Kategorie, wie transparent die Unternehmens-Struktur ist, auch ein indisches Unternehmen ganz weit vorne liegt. "Das finde ich deswegen bemerkenswert, weil man sonst immer den Eindruck hat, in Europa und Amerika laufe alles ganz transparent ab und bei den anderen Unternehmen in der Welt sei alles völlig undurchsichtig." So eine ganze einfache Schwarz-Weiß-Sicht dürfe man aber nicht habe, das zeige auch ihre Studie.

Eindeutig ist ein anderer in der Studie nachzulesender Befund: Dass an der Börse notierte Unternehmen insgesamt transparenter sind. Christian Humborg wundert das keinesfalls: Denn für Investments sei es ja wichtig das Risiko-Portfolio eine bestimmte Aktie zu kennen, zu wissen, in welchen Ländern und in welcher Weise ein Unternehmen dort engagiert ist. "Wir hoffen auch sehr, dass Analysten und Investoren viel mehr das Thema Transparenz im Rohstoff-Sektor entdecken, weil das natürlich erheblichen Druck auf Unternehmen ausüben kann."

Blick auf deutsche Unternehmen

Erdöltanks des Erdöl- und Erdgasproduzenten Wintershall Holding GmbH in Landau, Foto: dpa
Wintershall hat sich nicht "Extractive Industries Transparency Initiative" (EITI) angeschlossen. Deren Ziel die Korruption in rohstoffreichen Ländern zu bekämpfen ist.Bild: picture-alliance/dpa

Deutsche Firmen kommen in der Studie mit Ausnahme der BASF-Tochtergesellschaft Wintershall nicht vor. Das ist für ein rohstoffarmes Land keine Überraschung. Als einer der weltweit größten Energie-Verbraucher sei es aber auch für Deutschland wichtig, einen kritischen Blick auf die Unternehmenspolitik zu werfen, meint Transparency-Geschäftsführer Humborg: "Die Verantwortung der Unternehmen hört nicht an der Grenze auf, nach dem Motto: Ich kaufe das bei irgendeinem Zwischenhändler und wo das her kommt, darum kümmere ich mich nicht." Natürlich haben die Unternehmen in Deutschland, die Öl oder Gas einkaufen, eine Verantwortung, dafür zu sorgen, dass 100 Prozent des Warenwertes auf den Konten der rechtmäßigen Eigentümer der Ressourcen landet, meint Humborg

Immerhin haben Transparenz und Korruptionsbekämpfung bei international tätigen Öl- und Gas-Unternehmen inzwischen einen höheren Stellenwert als noch vor wenigen Jahren. Dieses Fazit ziehen die Verfasser der Studie von Transparency International und dem Revenue Watch Institute. Sie verweisen aber auch darauf, dass noch sehr viel zu tun sei, damit auch die Menschen in den rohstoffreichen Ländern von den großen Öl- und Gasvorkommen profitieren. Und das sind überwiegend Entwicklungs- und Schwellenländer.

Autor: Marcel Fürstenau

Redaktion: Insa Wrede