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Ausstieg harmonisch

8. Februar 2007

Der Kohle-Ausstieg in Deutschland ist beschlossen: Bund und die Bergbau-Länder Nordrhein-Wertfalen und Saarland einigen sich darauf, bis 2018 die Steinkohle-Subventionen zu beenden. Alle sind zufrieden.

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Keine Träne für die deutsche KohleBild: AP

Bei einem Spitzentreffen am Mittwochabend (7.2.) in Berlin verständigten sich die Bundesregierung und die Kohle-Länder Nordrhein-Westfalen und Saarland darauf, dass Nordrhein-Westfalen sich bereits ab Ende 2014 nicht mehr an den Subventionen für die Kohle-Förderung beteiligen muss. Damit ist der Weg für den im Herbst geplanten Börsengang des Essener Bergbau- und Mischkonzerns RAG frei.

Zufrieden: Jürgen Rüttgers
Zufrieden: Jürgen Rüttgers...Bild: AP

Der Bund trägt diese Kosten bis 2018 alleine. Nordrhein-Westfalen mit seinen sieben Zechen spart damit nach Angaben des Bundes insgesamt rund 468 Millionen Euro ein. Im Gegenzug verzichtet NRW auf weitere Strukturhilfen für das Ruhrgebiet. NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) sagte, nach harten Verhandlungen habe man ein sehr gutes Ergebnis erzielt: "Damit wird ein neues Kapitel deutscher Industrie- und Wirtschaftsgeschichte aufgeschlagen."

Keine Subventionen

Das Saarland mit einem Bergwerk, das keine Subventionen zahlt, erhält im Gegensatz zur NRW eine einmalige Strukturhilfe von 100 Millionen Euro, die vom RAG-Konzern finanziert wird. Bund und Länder zahlen derzeit jährlich bis zu 2,5 Milliarden Euro an Zuschüssen für den Bergbau.

Peer Steinbrück rät auf Urlaub zu verzichten
...und Peer SteinbrückBild: AP

Der Ausstiegsbeschluss, der bald in Gesetzesform gebracht werden soll, wird im Jahr 2012 vom Bundestag noch einmal überprüft. Nach Angaben von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) müssen die 34.000 Bergleute keine betriebsbedingten Kündigungen fürchten: "Mit dieser grundlegenden Weichenstellung haben die Beschäftigten des Bergbaus die nötige Sicherheit", sagte er. Dem Eckpunktepapier zufolge soll die jährliche Fördermenge von heute etwa 25 Millionen Tonnen Steinkohle bis zum Jahr 2012 auf zwölf Millionen Tonnen halbiert werden.

Trennung von weißen und schwarzen Bereichen

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte, jetzt gebe es eine Perspektive für den RAG-Konzern und dessen mehr als 90. 000 Beschäftigte. Zudem sei es wichtig, dass NRW "vier Jahre lang von den so genannten Absatzhilfen für die laufende Produktion freigestellt ist". RAG-Chef Werner Müller kann nun den profitablen "weißen Bereich" aus Immobilien, Kraftwerken und Chemie an die Börse bringen. Zuvor soll der "schwarze Bereich" mit der Steinkohle abgespalten und von einer noch zu gründenden Stiftung verwaltet werden. Diese wird mit dem erwarteten Börsenerlös von etwa 4,5 bis 5,5 Milliarden Euro ausgestattet. Hinzu kommen weitere Zinserträge.

Mit dem erwarteten Gesamtvermögen der Stiftung von etwa acht Milliarden Euro sollen die so genannten Ewigkeitskosten des Bergbaus abgedeckt werden. Damit sind Folgeschäden wie absackende Häuser und steigende Grundwasserpegel gemeint. Sollten die Mittel dafür nicht ausreichen, muss die öffentliche Hand einspringen. Das Risiko hält Bundesfinanzminister Steinbrück (SPD) für überschaubar. "Es ist abzusehen, dass das Risiko sehr gering ist", sagte er am Donnerstag im ARD-Morgenmagazin. Steinbrück betonte, die Rücklagen reichten zur Abdeckung anfallender Kosten aus.

"Was möglich war"

Der Chef der Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Energie (BCE), Hubertus Schmoldt, sagte nach der Einigung, man habe erreicht, "was in der augenblicklichen politischen Konstellation möglich war". Er setze sich weiter für einen Sockelbergbau ein, weil dieser energiepolitisch sinnvoller sei. Auch die nordrhein-westfälische SPD hält es weiterhin für möglich, dass zwei bis drei Zechen dauerhaft in Betrieb bleiben könnten. "Die entscheidenden Eckdaten für den Steinkohlebergbau stehen unverändert", sagte die SPD-Landesvorsitzende Hannelore Kraft mit Blick auf die Revisionsklausel für 2012.

Steinkohle, Symbolbild
Förderturm in Bochum

Die 2012 anstehende Abstimmung des Bundestages über den tatsächlichen Steinkohle-Ausstieg hält Steinbrück für offen. Sie hänge auch von der weiteren Entwicklung des Energiemarkts ab. In dem Sektor könnten sich die Rahmenbedingungen schnell ändern, erklärte er.

Kein Absturz ins "Bergfreie"

Die Bergbaugewerkschaft IG BCE begrüßte, dass der von der NRW- Landesregierung zwischenzeitlich angestrebte Ausstieg aus der Steinkohleförderung 2014 endgültig vom Tisch ist. Eine Sprecherin des Essener Bergbau- und Mischkonzerns RAG, der nach dem Kompromiss seine Pläne für einen Börsengang umsetzen kann, sagte der "Neuen Ruhr/Neue Rhein Zeitung": "Das Ergebnis ist insgesamt gut. Denn jetzt ist sichergestellt, dass kein Bergmann ins bergfreie fallen wird. Der Weg für den Börsengang ist frei." (sams)