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Das Diplom macht nicht mehr satt

30. Januar 2003

- Bis zu 40.000 Hochschulabgänger in Ungarn ohne Job

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Budapest, 27.1.2003, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch, Bettina Nemes

Immer mehr Hochschulabsolventen finden infolge der weltweiten Wirtschaftsrezession auch in Ungarn keinen Job mehr. Immer weniger ausländische und ungarische Firmen suchen Ingenieure und Betriebswirte. Selbst wenn die Diplominhaber einen Job erhalten, erklimmen sie heute nicht mehr wie vor zehn Jahren schnell die Karriereleiter, sondern haben einen langen, mühsamen Weg vor sich. Die Zahl der arbeitslosen Akademiker wird auf bis zu 40.000 geschätzt.

Noch in den 90er Jahren waren die Hochschulabsolventen von den Firmen heiß umworben. Viele Ungarn wählten aufgrund der guten Karrierechancen bei den multinationalen Unternehmen und den neu gegründeten Jointventures den Weg des Universitätsstudiums. Damals warben die internationalen Firmen die Studenten oft schon vor ihrem Abschluss ab. Seitdem hat sich die Zahl der Hochschul- und Universitätsabgänger jährlich fast verdoppelt.

Inzwischen sind die besten Positionen besetzt - und bis die noch jungen Chefs in Rente gehen, dauert es. Hinzu kommt die weltweite Wirtschaftsrezession, die den Rückzug einiger Unternehmen aus Ungarn sowie große Einsparungen zur Folge hat. Zudem ist die Einstellung von Berufsanfängern auch deshalb nicht sehr beliebt, da die Firmen Zeit und Geld für ihre Einschulung aufwenden müssen. Werden überhaupt Mitarbeiter gesucht, sollten sie möglichst über mehrjährige Berufserfahrung verfügen.

Gute Jobchancen haben zurzeit vor allem noch Ingenieure. Düster sieht es dagegen für Marketing- und Vertriebsfachleute, Juristen und Volkswirte aus. Wie viele arbeitslose Hochschulabgänger es tatsächlich gibt, darüber gibt es keine genauen Angaben. Laut Arbeitsministerium waren im September des vergangenen Jahres bei den Arbeitsämtern etwa 13.000 Hochschulabsolventen registriert. Insgesamt gibt es 330.000 Arbeitslose in Ungarn.

Die Mitarbeiter der Arbeitsämter wissen allerdings, dass diese Zahlen nur mit Vorsicht zu genießen sind. Meist bleiben die Betreffenden nur so lange in der Kartei, wie sie Arbeitslosenunterstützung erhalten - und sich überhaupt registrieren lassen. Vielen ist es zu peinlich, sich offiziell arbeitslos zu melden. Hochschulabgänger meiden den Weg zum Arbeitsamt auch oft, weil sie von diesen ohnehin nicht die Lösung ihrer Probleme erwarten und den ihrer Ansicht nach umständlichen Behördengang scheuen.

Die realistische Zahl der Hochschulabgänger ohne Stelle wird deshalb eher auf bis zu 40.000 geschätzt. Als Teil der bevorstehenden Hochschulreform will das Bildungsministerium den Anstieg der Studentenzahlen in den kommenden Jahren eindämmen. Dies dürfte jedoch schwierig sein, da die ungarischen Universitäten und Fachhochschulen eine kontinuierliche Erhöhung der Studentenzahlen anstreben. (fp)