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Das dynamische Herz Brasiliens

Johannes Beck20. April 2003

São Paulo ist der Motor für die deutsch-lateinamerikanischen Wirtschaftbeziehungen. Mit ihrer wirtschaftlichen Dynamik ist die Mega-Metropole Heimat für Hunderte deutsche Unternehmen geworden.

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Der Marktführer: VW in BrasilienBild: AP

Samba, Karneval, Fußball - das assoziieren die meisten mit Brasilien. Und wenn man nach Brasilien reist, dann geht es auf den Zuckerhut nach Rio de Janeiro, an die Strände im Nordosten des Landes oder in den Amazonas-Regenwald. Kaum ein Tourist dagegen verirrt sich nach São Paulo. Dabei ist die Mega-Metropole das Zentrum Brasiliens. Elf Millionen Einwohner im Stadtgebiet, 19 Millionen im Großraum, 5,5 Millionen Kraftfahrzeuge, die die Straßen chronisch verstopfen. São Paulo ist die größte Metropole Südamerikas und die drittgrößte Stadt weltweit. Vor allem wirtschaftlich kann keine andere Stadt des Landes mithalten.

Sao Paulo Brasilien
Sao PauloBild: AP

Für viele ihrer Bewohner ist die Stadt ein Albtraum, für andere ein Traum. Einwanderer geben der Stadt ein unverwechselbares Flair. Hier gibt es die größte japanische Kolonie außerhalb Japans, etwa 400.000 Deutschstämmige und Deutsche leben in der Mega-Stadt. Zahlreiche deutsche Schulen und Kindergärten bieten ihre Dienste an und wer die heimatliche Küche vermisst, bekommt in den zwei Dutzend deutschen Restaurants der Stadt Sauerkraut, Leberkäse oder Apfelstrudel.

Palmen und Märkte

Die Dynamik der Stadt zieht nach wie vor Investoren an. "Eine Stadt als Motor", nennt das Sönke Böge, der Vize-Präsident der deutsch-brasilianischen Industrie- und Handelskammer. Etwa jedes zweite deutsche Unternehmen, das neu nach Brasilien kommt, entscheidet sich für São Paulo als Standort. Böge hat als Unternehmensberater zahlreiche mittelständische Firmen von Deutschland nach Brasilien gebracht. "Die sind nicht hier, weil es Palmen gibt oder Caipirinha, sondern weil es einen Markt gibt."

Und dieser Markt ist beeindruckend: Hier schlägt das industrielle Herz Brasiliens, ja ganz Südamerikas, hier entsteht mehr als ein Viertel des brasilianischen Bruttoinlandsproduktes. Die etwa 700 deutschen Firmen im Großraum São Paulo bilden die größte Konzentration deutscher Industrie-Unternehmen weltweit. Die deutsch-brasilianische Industrie- und Handelskammer ist mit 81 Mitarbeitern die größte außerhalb Deutschlands. Ihr Mitgliederverzeichnis liest sich wie ein deutsches Branchenbuch: von A wie der Allianz Versicherung Südamerika über M wie die Messe Frankfurt bis natürlich zu V - V wie Volkswagen Brasilien. Die Tochterfirma des deutschen Automobilkonzerns ist das größte Privatunternehmen des Landes. In São Paulo hat VW do Brasil vor 50 Jahren begonnen. 13 Millionen Fahrzeuge hat VW bisher in Brasilien verkauft. Im vergangenen Jahr waren es 382.000. Damit war jeder vierte in Brasilien verkaufte PKW ein Volkswagen - keine andere Firma verkauft soviel.

Gerhard Schröder bei VW in Brasilien
Bundeskanzler Gerhard Schröder zu Besuch bei VW in Sao PauloBild: AP

1.200 Autos täglich

VW-Golf Modelle I bis IV
VW GolfBild: AP

Die VW-Zentrale befindet sich in São Bernardo do Campo, einem der Vororte südlich von São Paulo, in denen sich zahlreiche Unternehmen niedergelassen haben. Hier steht die nach dem Stammhaus im deutschen Wolfsburg zweitgrößte Fabrik des Konzerns. 19.000 Menschen arbeiten in der "Cidade Volkswagen", der "Stadt Volkswagen". Sie produzieren jeden Tag etwa 1.200 Wagen. Hier werden nicht nur die meisten Volkswagen Südamerikas produziert, hier sitzen auch die Entwicklungsabteilung, das Testzentrum und das Management von VW do Brasil. "Der Vorteil des Standortes São Paulo ist natürlich die Erreichbarkeit von Flughäfen und Transportmitteln, die Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal, die Nähe zu verschiedenen Zulieferern", sagt Berthold Krüger, der für Marketing zuständige Vize-Präsident von Volkswagen do Brasil.

Chemieindustrie
Bild: AP

Zulieferer wie zum Beispiel BASF: Die Farben, mit denen die VW lackiert, stammen aus der Fabrik des deutschen Chemiegiganten. Sie steht nur wenige Kilometer von VW entfernt. Pro Jahr produziert die BASF hier 260 Millionen Liter Farbe, 1300 Menschen haben hier Arbeit gefunden, 2002 verkaufte man Produkte im Wert von fast zwei Milliarden Euro. Damit trug BASF Südamerika mit 5,2 Prozent zum gesamten Umsatz von BASF bei. Und von São Paulo aus will die BASF weiter expandieren - Jürgen Strube, Vorstandsvorsitzende der BASF weltweit, hat früher elf Jahre in Brasilien gearbeitet. Dabei hat ihn das Potenzial der südamerikanischen Märkte überzeugt.

Und auch VW will mehr, betont Berthold Krüger: "Es ist ganz klar die Politik der VW do Brasil, neue Märkte für die Produkte Volkswagens aus Brasilien zu erschließen." Dazu gehört Nordamerika, aber auch Märkte wie China, Europa und Nordafrika. "Unsere Politik ist, Volkswagen Brasilien mit einer Reihe von Produkten auf allen relevanten Weltmärkten ins Spiel zu bringen."