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Der Paralympics-Exot

20. März 2010

Ein Südafrikaner auf Skiern - und dann noch bei den Paralympischen Spielen? Ungewöhnlich. Aber Bruce Warner ist auch ungewöhnlich. Ungewöhnlich anders.

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Südafrikas Paralympics-Starter Bruce Warner Foto: DW/Sarah Faupel
Bruce WarnerBild: DW
Zuschauer mit Südafrika-Hut unter den Zuschauern. Foto: DW/Sarah Faupel
"Botschafter" SüdafrikasBild: DW/Sarah Faupel

Bruce Warner scheint immer für eine Überraschung gut. Bei der Interviewanfrage erkundigt sich der Südafrikaner ganz nebenbei, ob das Gespräch auf englisch oder auf deutsch geführt werden soll. "Meine Frau ist Deutsche." Mit ihr spreche er manchmal Deutsch, ebenso mit seinen Schwiegereltern und den Freunden seiner Frau. Das ist also geklärt. Viel rätselhafter ist allerdings, wie ein Südafrikaner auf die Idee kommt, Skirennläufer zu werden. Bei dieser Frage muss Bruce Warner, der 1988 bei einem Unfall sein linkes Bein verloren hat, immer lachen. "Meine Cousine wohnt hier in Vancouver und nach meinem Unfall hat sie mir gesagt, komm rüber, wir haben schon Leute mit einem Bein Skifahren gesehen. Das sieht relativ einfach aus." Das hat Warner auch gemacht und war von der ersten Minute an fasziniert. "Dieser Adrenalin-Kick, wenn man schnell einen Berg hinunterfährt, ist einfach großartig." Danach sei er süchtig nach Skifahren gewesen.

Ohne Schnee, kein Training

Bruce Warner beim Super G der Paralympics. Foto: dpa
Warners AdrenalinkickBild: dpa

Da gab es jedoch ein kleines Problem. Skifahren ist in Südafrika nicht gerade Volkssport. Es gibt zwar hohe Berge und sogar kleine Skigebiete, aber normalerweise ist es zu warm, als dass es dort gute Schneebedingungen gäbe."Man kann in Südafrika nicht wirklich trainieren", meint der 39-Jährige. In der Schweiz dagegen geht das richtig gut. Also ging Bruce Warner dorthin. Und das hat sich ausgezahlt. 1998 nahm er in Nagano zum ersten Mal an Paralympischen Winterspielen teil – als erster und einziger Südafrikaner überhaupt. Dass er ein Ein-Mann-Team ist, stört ihn dabei überhaupt nicht. Im Gegenteil, er sieht es als Vorteil: "Ich bin immer Fahnenträger bei der Eröffnungs- und Abschlussfeier." Zudem zwinge ihn das Alleinsein dazu, auf die anderen Skifahrer zu zugehen. "Darum habe ich einen großen Freundeskreis im Behindertenskisport."

Bis heute ist er der einzige Athlet, der bei den Paralympischen Winterspielen für Südafrika an den Start geht - und nach Tofiri Kibuuka erst der zweite Afrikaner überhaupt. Kein Wunder, denn die meisten Menschen in seiner Heimat können mit Skifahren nicht viel anfangen und reagieren überrascht. "Viele kennen die Sportart nicht wirklich, schon gar nicht, wie so ein Rennen abläuft. Aber die meisten Leute sind dann doch sehr neugierig und unterstützen mich." Das gilt auch für die südafrikanische Regierung, die ihm für die Vorbereitung und während der Paralympischen Winterspiele finanziell unter die Arme greift. "Natürlich könnte das noch besser sein, besonders im Vergleich zu einem Land wie Deutschland. Aber für unsere Verhältnisse bin ich damit durchaus zufrieden."

Eine Top-Ten Platzierung

Warner im Zielraum der Paralympics-Rennstrecke. Foto: DW/Sarah Faupel
Warner hat viele Freunde unter den KonkurrentenBild: DW/Sarah Faupel

Denn in Südafrika hat der Behindertensport einen vergleichsweise hohen Stellenwert. Zwar sei er der einzige Winter-Paralympionike. "Aber in den Sommersportarten haben wir zum Beispiel mit der Schwimmerin Natalie du Toit und dem Leichtathlet Oscar Pistorius Topleute." An deren Erfolge kommt Brucer Warner nicht ganz heran. Sein größter Triumph: "In Salt Lake City, dort wurde ich im Slalom Neunter." Das wird er wohl auch nicht mehr toppen können. Nach den Paralympischen Spielen von Vancouver ist Schluss. Der Elektro-Ingenieur muss nun langsam auch an seine berufliche Karriere denken und durch den Familienzuwachs ist auch nicht mehr so viel Zeit für das Training da. "Ich hatte immer sehr viel Spaß. Ich hatte eine tolle Zeit, vier tolle Paralympische Spiele. Ich bin nicht traurig, aber ich werde die Rennen sicherlich vermissen." Und der Skisport wird ihn, den Exoten, sicherlich auch vermissen.

Autorin: Sarah Faupel
Redaktion: Stefan Nestler