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Elektronisches Auge

2. Juli 2009

Die AWACS-Flugzeuge mit ihrem pilzförmigen Radaraufbau sind in Kriegen fast unverzichtbar. Aber ihr Einsatz ist in Deutschland immer wieder heiß umstritten. Außer wenn es um den Papst oder eine Fußball-WM geht.

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Ein AWACS-Jet im Flug vor blauem Himmel
Ein AWACS-JetBild: AP

Das röhren hört sich an wie eine ganz normale Boeing 707. Aber ihr Aussehen verrät die spezielle Mission. Auf dem Flugzeugrumpf montiert: Eine riesige Radarscheibe mit einem Durchschnitt von neun Metern. Die aufgerüstete Boeing-Maschine ist ein riesiges elektrisches Auge. Ein Aufklärer des Luftraums und fliegende Einsatzzentrale zugleich, wie schon ihr Name "Airborne Warning and Control System" (AWACS) verrät. Heute findet kein Militäreinsatz in der Luft mehr ohne sie statt.

Erfasst wird eine Fläche so groß wie Deutschland

Zwei Soldaten sitzen in einem AWACS-Jet vor zwei Bildschirmen
Hightech: Die Auswertung der Radarbilder erfolgt im FlugzeugBild: AP

Über ihren pilzförmigen Radaraufbau können die AWACS-Maschinen Flugzeuge, Schiffe oder andere Objekte in bis zu 500 Kilometer Entfernung orten und identifizieren. Das elektronische Auge kann ein Gebiet von mehr als 312.000 Quadratkilometern überblicken - eine Fläche fast so groß wie Deutschland.

Diese Spezialversionen der Boeing 707 fliegen in der Regel in einer Höhe von rund 9000 Metern. Dabei können sie mehr als 800 Stundenkilometer schnell fliegen und mit einer Tankfüllung mehr als zehn Stunden in der Luft bleiben. Die Besatzung umfasst meist 16 Menschen. Neben zwei Piloten sind auch Computer- und Radarspezialisten an Bord.

Deutschland hat keine eigenen AWACS

Mit etwa dreißig Flugzeugen verfügen die USA über die größte AWACS-Flotte. Deutschland hat keine eigenen Maschinen dieses Typs, ist aber über die Nato beteiligt. Die Nato hat 17 Maschinen in ihrem AWACS-Hauptquartier in Geilenkirchen in Deutschland und sieben in Waddington in Großbritannien stationiert.

Der Bau der Aufklärer war in den 70er Jahren beschlossen worden, um im Kalten Krieg gewappnet zu sein. 1982 gingen dann die ersten Nato-AWACS in Dienst. Eingesetzt wurden sie in den 90er Jahren im Golfkrieg gegen den Irak oder auch im Kosovo-Krieg gegen Jugoslawien.

Ein AWACS-Jet vor grauem Himmel
Düstere Stimmung: Kritiker glauben nicht an die passive Rolle der AWACS in KriegsgebietenBild: AP

Ärger wegen Einsatz im Irak-Krieg

Für viel Wirbel sorgte die Entscheidung der rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder im Jahre 2003, sich an Aufklärungsflügen der Nato zum Schutz der Türkei während des Irak-Krieges zu beteiligen. Schröder sagte damals: "Die Bündnisverpflichtungen werden erfüllt, aber Deutschland wird sich nicht an einer militärischen Intervention beteiligen."

Aber wo fängt die militärische Intervention an? Ist es wirklich glaubhaft, dass sich die AWACS nur ihrer defensiven Funktion, der Luftraumüberwachung widmen und nicht doch ganz offensiv, durch das Erfassen von Bodenzielen an Militäraktionen beteiligt sind? Eine Frage, die die politischen Lager in Deutschland bis heute trennt. Eckart von Klaeden, Außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ist für einen AWACS-Einsatz in Afghanistan. "Der Einsatz der AWACS-Maschinen erhöht die Sicherheit unserer Soldaten und unserer Verbündeten. Er hilft zivile Opfer zu vermeiden und fördert schließlich den zivilen Aufbau des Landes." Ganz anders sieht es die Opposition, wie zum Beispiel Winfried Nachtwei, Bundestagsabgeordneter der Grünen: "Es ist geradezu unvermeidbar, dass man durch eine AWACS zumindest indirekt auch an Kampfhandlungen beteiligt ist."

AWACS für den Papst

Feststeht jedenfalls, dass anders als 2003 unter der Regierung Schröder praktiziert, der Bundestag entscheiden muss, ob ein AWACS-Einsatz in einem Kriegsgebiet durchgeführt werden darf oder nicht. Das hat das Bundesverfassungsgericht 2008 entschieden. Richter Udo di Fabio, stellte damals klar: "Der deutsche Bundestag muss ausnahmslos jedem Einsatz bewaffneter Streitkräfte zustimmen."

Mit den Terroranschlägen des 11. Septembers 2001 wurde das Einsatzgebiet der AWACS-Maschinen ausgeweitet. Sie dienen nun auch dem weltweiten Anti-Terrorkampf und werden sehr vielfältig eingesetzt. Ob bei Nato- oder G8-Gipfeln, beim Papstbesuch oder der Fußball-WM in Deutschland, immer sind die elektronischen Augen der AWACS dabei.

Autor: Benjamin Wüst

Redaktion: Dirk Eckert