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Das Ende der Ära Nujoma

Andreas Noll21. März 2005

Namibias Staatsoberhaupt Sam Nujoma gibt nach 15 Jahren als Präsident sein Amt auf. Das Datum für seinen Rücktritt hat Nujoma, der das Land in die Unabhängigkeit führte, mit Bedacht gewählt.

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Von seinen Anhängern gefeiert: Sam Nujoma (Archivbild)Bild: AP

Von seinem Mitarbeitern hat sich Sam Nujoma bereits verabschiedet, am Unabhängigkeitstag (21.3.2005) hat er den Sessel des Staatspräsidenten für seinen Nachfolger Hifikepunye Pohamba endgültig geräumt. Mehr als ein Vierteljahrhundert Freiheitskämpfer, 15 Jahre Präsident von Namibia und jetzt als Geologie-Student an die Universität von Namibia: Wohl noch nie ist in Afrika eine Ära so unspektakulär zu Ende gegangen wie die Ära Sam Nujoma.

Auch wenn noch fraglich ist, ob der 75-jährige Nujoma seine Studien-Ankündigung tatsächlich wahr machen wird, allein der geordnete Rückzug des Gründungspräsidenten sei erstaunlich, meint der Rechtswissenschaftler Manfred Hinz von der Universität Namibia. "Viele Leute verbinden die Figur eines Nujomas mit dem Bild eines traditionellen Führers, eines Königs, eines Herrschers, der dieses Amt bekommen hat und solange innehat wie er lebt. Dieses selbstverständliche Ablösen nach einer bestimmten Regierungszeit ist kein selbstverständliches Bild für viele Leute hier in Afrika."

Verehrung für Nujoma

Das Volk verehrt Nujoma bis heute, seine Bilanz fällt allerdings nicht sonderlich erfolgreich aus. "Die gewaltige Ungleichheit zwischen Schwarz und Weiß besteht auch 15 Jahre nach der Unabhängigkeit weiter fort und die Regierungspartei SWAPO und Pohamba werden sich nicht ewig auf die heroische Rolle der SWAPO im Befreiungskampf gegen die süd-afrikanische Besetzung und gegen die Apartheid berufen können", sagt Matthias Basedau vom Institut für Afrikakunde in Hamburg.

Doch auch Pohamba will an diese glorreiche Zeit des Befreiungskampfes anknüpfen. Schließlich zählt der 69-Jährige seit diesen Jahren zu den treuesten Mitstreiter von Nujoma, dem er nicht nur äußerlich stark ähnelt. Doch 15 Jahre nach der Unabhängigkeit verblassen gerade in der Jugend die Erinnerungen an diese Epoche.

Jugend will Taten sehen

"Wenn ich das meinen Studenten heute erzähle, dann treffe ich auf junge Leute, die damals Kinder waren und die das, was ich aus erster Hand erfahren habe, nur aus Erzählungen kennen und für die das keineswegs mehr diese emotional bindende Wirkung hat wie für die Älteren", sagt Heinz und ergänzt: "Das Thema Jugend, wie man sie in einen nationalen Kontext bindet und wie man sie motiviert, ist ein sehr schwerwiegendes Problem, zu dem es bislang nur Ansätze gibt."

Die Jugend zählt für die Regierung zu den großen Unsicherheitsfaktoren. Gelingt es der regierenden SWAPO noch problemlos die älteren Generationen unter dem Partei-Banner zu einen, ist die nachwachsende Generation ungeduldiger. Sie wartet auf Erfolge im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, denn von den jungen Menschen sind mehr als 30 Prozent arbeitslos. "Bisher hat die namibische Regierung noch unter Vorgänger Nujoma stets versucht, mehr auf langfristige Wirkung durch Förderung von Bildung zu setzen. Das dauert natürlich lange und es kann sehr gut sein, dass die Bevölkerung darüber etwas ungeduldig wird."

Sorge wegen Landreform

Dieses Szenario beunruhigt neben der weißen Bevölkerung in Namibia auch das Ausland. Denn auf die wachsende Ungeduld könnte die SWAPO mit symbolischen Maßnahmen reagieren: Zum Beispiel mit einer möglichen Forcierung der Landreform. Schon seit 15 Jahren verspricht die Regierung eine gerechtere Verteilung des Landes, das mehrheitlich immer noch von den weißen Farmern gehalten wird. Immer wieder drohte man mit Enteignung - zuletzt schloss sich dieser Forderung auch der neue Präsident Pohamba an.

"Er hat relativ starke Worte gebraucht im Wahlkampf. Darin unterscheidet er sich nicht von seinem Vorgänger Nujoma, der fast berüchtigt war für seine verbalen Ausfälle gerade gegen Weiße und die starke Sprache in Bezug auf Kolonialisten und Imperialisten", sagt Basedau. "Ich glaube aber, Pohamba wird die Politik seines Vorgängers fortsetzen. Also, verbal schärfer sein als in der tatsächlichen Politik. Was die Landfrage betrifft, bedeutet das, dass man am bisherigen Vorgehen festhalten wird. Man wird versuchen, die verfassungsrechtlich relativ sauberen Maßnahmen auch bei möglichen Enteignungen hinzubekommen. Und man wird versuchen, eine ähnliche Entwicklung wie in Simbabwe zu vermeiden."

Kein zweites Simbabwe

Eine im Ausland immer wieder gefürchtete Parallele zu Simbabwe, wo weiße Farmer brutal enteignet und dann aus dem Land getrieben wurden, hält Basedau aus anderen Gründen für unwahrscheinlich. Zwar gebe es auch in Namibia eine weiße Minderheit, die über Reichtum verfügt und eine benachteiligte schwarze Mehrheit. Doch Namibia verfüge mit seinen Bodenschätzen sowie der Fisch- und Tourismusindustrie auch über weitere wichtige Wirtschaftsstandbeine.

Und so feiern die Namibier zum 15. Jahrestag ihrer Unabhängigkeit nicht nur den Rückzug ihres Gründungspräsidenten, sondern auch ein wenig ihr afrikanisches Modell. "Man ist schon stolz darauf, dass man diese 15 Jahre in verhältnismäßig guter Stabilität gestalten konnte", betont Hinz. "Man sieht, welche Probleme andere afrikanische Staaten haben. Hier aber funktioniert die Rechtsprechung, funktionieren die Gerichte, auch wenn es viele Probleme gibt, und man sieht, dass das Erziehungssystem vorangeht. Das sind alles Dinge, die mit der Unabhängigkeit auf den Weg gebracht worden sind und die sich positiv entwickelt haben."