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Das Ende des Kusses

30. Oktober 2009

Aus Angst vor einer Schweinegrippenpandemie überlegen viele Länder vorbeugende Maßnahmen. In Frankreich könnte die Furcht vor der Krankheit zum Aussterben einer der wichtigsten und am meisten verbreiteten Sitten führen.

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Angela Merkel gibt Nicolas Sarkozy einen Kuss auf die Wange (Foto: dpa)
Sind diese Zeiten bald vorbei?Bild: picture-alliance/ dpa

Es gibt fast nichts Französischeres als den Kuss. "Faire la bise", das bedeutet, sich gehauchte Küsschen auf beide Wangen zu geben – zur Begrüßung oder zum Abschied. Freunde machen es, Kollegen tun es und Kinder lernen diese Geste schon, wenn sie noch ganz klein sind. Jeder der Frankreich besucht ist erstaunt, wie viel dort geküsst wird. Aber manche fürchten nun, dass der "bise" zum Todeskuss werden könnte, falls die Grippe sich ausbreiten sollte.

Einige Unternehmen und Schulen versuchen schon die Mitarbeiter und Schüler zu überzeugen, die Begrüßungs- und Abschiedsküsse wegzulassen. In der Guillaume Apolline Jr. High im Zentrum von Paris stehen einige Schüler, nach dem Ende der letzten Stunde auf dem Schulhof. Die meisten von ihnen geben sich gegenseitig einen Abschiedskuss. "Wir tun es immer noch", sagen sie. "Wir sind aber ein bisschen vorsichtiger geworden und küssen nicht mehr jeden."

Kussverbot funktioniert

Händewaschen (Foto: dpa)
Regelmäßiges Händewaschen wird empfohlenBild: picture-alliance/ ZB

Die Regierung hat noch kein Ende des Küssens beschlossen. Aber an den Hotlines empfiehlt das Gesundheitsministerium, dass die Menschen engen Kontakt vermeiden sollen – einschließlich Händeschütteln und Küssen. In einem Fernsehspot, der permanent auf allen Kanälen zu sehen ist, werden die Menschen aufgefordert, sich regelmäßig die Hände zu waschen und sich nicht die Hand sondern ein Tuch vor den Mund zu halten, wenn sie niesen müssen.

Aber was bringt es, sich so zu schützen, wenn man die Viren durch permanentes Küssen weiterverbreitet, sagt Helen Tanguy. Sie ist Bürgermeisterin einer kleinen Stadt in der Bretagne, der ersten, in dem das Küssen komplett verboten wurde. "Wir mussten uns einige kuriose Dinge einfallen lassen, um die Menschen zu bewegen, ihr Verhalten zu ändern", gibt sie zu. "Aber es funktioniert."

Nicht auszurotten

Einige Kommentatoren befürchten schon jetzt, dass sich das Küssen davon nicht mehr erholen wird, in einem Zeitalter, das von Hygiene und Desinfektion besessen ist. Grippe oder nicht, es ist einfach nicht möglich den „bise“ in Frankreich auszurotten, sagt Stephan Perrin, der mit seiner Frau und seiner dreijährigen Tochter am Ufer der Seine spazieren geht. "Der Kuss bedeutet Kontakt zu anderen, er drückt Freundschaft aus, Liebe – er steht für so viele Dinge", sagt er. "Der 'bise' ist wichtig für uns."

Autorin: Eleanor Beardsley
Redaktion: Andreas Ziemons