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Europas Astronautenschule in Köln

Fabian Schmidt18. Mai 2016

In Köln bildet die ESA ihre Astronauten aus, mit Raumschiffmodellen in Lebensgröße und einem Tauchbecken für die Schwerelosigkeit. Diese Woche besuchte Bundeskanzlerin Merkel das Europäische Astronautenzentrum.

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Tauchbecken im Europäischen Astronautenzentrum der ESA in Köln (Foto: Picture alliance/ J.W. Alker)
Im Tauchbecken üben Astronauten, wie sich Schwerelosigkeit anfühltBild: picture alliance/J.W. Alker

Seit 1990 bildet die Europäische Weltraumagentur ESA im Europäischen Astronautenzentrum EAC Raumfahrer aus, auf dem Gelände des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR in Köln.

Alle Astronauten durchlaufen ein dreistufiges Programm. Die Grundausbildung vermittelt Wissen aus der Raumfahrt- und Elektrotechnik und aus wissenschaftlichen Disziplinen. In der Fortgeschrittenenausbildung simulieren die Auszubildenden unter anderem Weltraumspaziergänge unter Wasser und trainieren das Steuern von Raumschiffen. Auch lernen sie Russisch und verbessern mit Übungen ihre Leistungsfähigkeit.

In der letzten Stufe der Ausbildung bereiten die Astronauten ganz konkret eine bestimmten Weltraummission vor: Sie planen wissenschaftliche Experimente und spielen vorauszusehende Reparaturen durch. Dieser Teil der Ausbildung wird für jeden Astronauten maßgeschneidert.

Rekrutierung neuer Astronauten

Seit Gründung des Europäischen Astronautencorps im Jahr 1998 organisiert das EAC die europaweite Ausschreibung für Raumfahrtbewerber und führt das Bewerbungsverfahren gebündelt durch. Alle ESA-Astronauten werden am EAC für ihre Raumflüge geschult.

Da die Astronauten auf der Internationalen Raumstation ISS international zusammenarbeiten, gehören Auslandsaufenthalte mit Ausbildungseinheiten bei den anderen großen Weltraumorganisationen NASA und Roskosmos immer zu einer Astronautenkarriere dazu - nicht zuletzt wegen der Sprachverständigung.

Betreuung für Familien

Das EAC betreut auch die Familienangehörigen von Astronauten. Denn eine Astronautenkarriere verlangt von den Liebsten viel ab.

Die Astronauten befinden sich oft schon vor dem Raumflug monatelang in Isolation. Auch bleibt es in der Regel nicht bei einem einzigen Langzeitraumflug. Drei Flüge im Laufe eines Astronautenlebens sind heute keine Seltenheit. Hinzu kommt eine lange Periode der wissenschaftlichen und medizinischen Nachbereitung jedes Flugs.

Wichtige Begleiter auf der Erde

Das Europäische Astronautenzentrum bildet nicht nur die Menschen aus, die letztendlich ins All aufbrechen, sondern auch das Bodenpersonal für Raumfahrtmissionen. Dazu gehören Experten für die technische Steuerung. Sie trainieren allerdings nicht in Köln, sondern am Columbus-Kontrollzentrum in München.

Astronauten müssen sich auf guten technischen Support verlassen können. Kommt es zu Problemen an Bord der ISS, können die Astronauten sie oft nicht alleine lösen. Daher ist eine permantente zuverlässige Kommunikation mit der Erde unerlässlich. Hier sitzen die Ingenieure und andere Fachleute, die die Einrichtungen auf der ISS konstruiert haben.

Was in normalen Unternehmen der Helpdesk ist, nennt sich bei der ESA "European Capsule Communicator", kurz "EuroCom". Diese Experten vertreten die Astronauten auf der Erde und durchlaufen ihre Ausbildung gemeinsam mit ihnen.

Der Astronaut Alexander Gerst im Ausbildungsmodul Kepler am EAC (Foto: Henning Kaiser dpa/lnw)
Der deutsche Astronaut Alexander Gerst übte bei seiner Ausbildung im Jahr 2011 am ATV-Transportmodul KeplerBild: picture-alliance/dpa/H. Kaiser

Andocken und entladen

Beim EAC in Köln üben die Astronauten an dem ATV-Modul, einem wirklichkeitsgetreuen Modell eines ESA-Weltraumtransporters.

Damit studieren sie bereits auf der Erde, wie sie sicher an die Internationale Raumstation andocken und was sie beim Entladen des Raumschiffes zu beachten haben. Aufgrund des geringen Platzes auf der ISS muss die Reihenfolge beim Ausladen genau bedacht und einstudiert sein. Jeder Handgriff muss sitzen.

Experimente im Columbus-Modul

Am EAC steht ein genauer Nachbau des Columbus-Moduls, des Europäischen Weltraumlabors auf der ISS. Das Modell ist genauso bestückt wie das echte Columbus-Modul, daher können sich die Astronauten hier mit allen Funktionen vertraut machen. Das ist wie bei Piloten, die an einem Flugsimulator lernen.

Es gibt es unter anderem Laboreinrichtungen für biologische, medizinische und physikalische Experimente. Viele der vorbereiteten Versuche sind modular so vorbereitet, dass sie in einem standardisierten Rack untergebracht werden und dort, quasi in einem Regalfach, platzsparend ablaufen. In einem Weltraumlabor geht Ordnung eben über alles.

Zentrifuge am Envihab des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Köln (Foto: Fabian Schmidt/ DW)
Das Envihab des DLR setzt Astronauten in dieser Zentrifuge hohen Beschleunigungen ausBild: DW/F. Schmidt

Schwerelosigkeit im Wassertank

Weltraumspaziergänge üben die Astronauten im Nullauftriebslabor, einem riesigen Wassertank. Anders als Gerätetaucher, die über ihre Atmung und eine Tarierweste ihren Auftrieb regulieren können, haben Astronauten diese Möglichkeit nicht. Sie tragen im Tauchbecken spezielle Raumanzüge, die automatisch austariert werden - ohne dass die Astronauten einen Einfluss darauf haben. Abgesehen vom Wasserwiderstand ist also alles so realistisch wie möglich.

Mediziner in unmittelbarer Nachbarschaft

Direkt neben dem EAC liegt das neugegründete medizinische Forschungsinstitut Envihab des DLR. Sie prüfen und betreuen alle Astronauten vor und nach einem Raumflug auf Herz und Nieren. Das Envihab führt auch Forschungsreihen zur Luft- und Raumfahrt mit anderen Probanden durch.

Am Envihab gibt es Räume, in denen sich nahezu alle Umweltfaktoren verändern lassen: Licht, Atmosphärenzusammensetzung und Luftdruck. In einer riesigen Zentrifuge werden die Astronauten hohen Beschleunigungskräften ausgesetzt. Währenddessen überprüfen Ärzte mit einem Ultraschallgerät die Herzfunktion.