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Das ewige Eis stirbt

Sarah Faupel11. August 2006

Eine neue Studie beweist: Grönlands Gletscher reagieren schneller auf die Erderwärmung als vermutet - mit verherrenden Folgen für die Natur und den Menschen.

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Es schmilzt schnellerBild: AP

Was viele Experten schon seit langem vermutet haben, ist jetzt wissenschaftlich bewiesen: Die Eisdecke Grönlands schwindet immer schneller. Forscher der Universität von Texas fanden heraus, dass alleine im vergangenen Jahr 240 Kubikkilometer Eis weggeschmolzen sind - etwa die Fläche Ungarns. Damit verlor Grönland dreimal so viel Eis wie noch vor fünf Jahren.

"Die Situation ist sehr ernst", sagt Mojib Latif, Leiter des Leibnitz-Instituts für Meereswissenschaften an der Universität Kiel (IFM-GEOMAR). Zwar könne man bisher noch nicht beurteilen, ob sich die Eisschmelze in diesem Tempo fortsetze, aber wenn es schlimm komme, könnte Grönlands Eisflächen innerhalb eines Jahrhunderts weggeschmolzen sein. "Das würde bedeuten, dass der Meeresspiegel um sechs bis sieben Meter ansteigt."

Neue Landkarten

Die Folgen wären besonders für Küstenregionen und Inseln verherrend. "Wenn es tatsächlich zu einem solchen massiven Meeresspiegelanstieg käme, müssten die Landkarten komplett neugezeichnet werden", so Latif. Ein weiteres großes Problem wäre, dass Salzwasser ins Grundwasser gelangen und somit die Wasserversorgung in Mitleidenschaft gezogen würde.

Mojib Latif
Klimaforscher Mojib LatifBild: picture-alliance/ ZB

Selbst ein geringer Anstieg des Meeres könne für Mensch und Natur schwere Konsequenzen haben. "Hurrican Katrina wäre noch viel zerstörerischer gewesen, wenn der Meeresspiegel nur einen Meter höher gewesen wäre."

Die Forscher konnten aber auch eine positive Nachricht überbringen. Während das Eis an den Ränder Grönlands schmelze wie Schleckeis in der Sonne, sei das Innere bisher noch unangetastet. Mojib Latif: "In der Mitte von Grönland, im Zentrum des Gletschers, da wo er noch sehr hoch ist, wird durch verstärkte Niederschläge mehr Schnee angehäuft."

Den Worten Taten folgen lassen

Doch das ist kein Grund, das Problem der globalen Erwärmung nicht ernst zu nehmen. Ein andere Studie besagt, dass der Schneefall in der Antarktis in den vergangenen Jahren nicht zugenommen habe - entgegen der Annahme vieler Wissenschaftler. Diese hatten gemeint, dass die Schneemenge am Südpol mit zunehmenden Temperaturen gewachsen sei und damit den Anstieg des Meeresspiegels vermindert habe. In wärmerer Luft entsteht mehr Schnee, da sie mehr Feuchtigkeit enthält.

Klimaerwärmung Eisschmelze auf Grönland Arktis p178
Grönland schmilzt das Eis wegBild: AP

"Wir haben hier eine enorme Herausfoderung vor uns", sagt Mojib Latif. Trotz internationale Abkommen sei der Kohlendioxid-Austoss in den letzen 50 Jahren weltweit um die Hälfte gestiegen. Deshalb würde es eine enorme Anstrengung voraussetzen, um das Ziel der Halbierung der Emission zu erreichen.

"Die Regierungen der Welt könnten noch viel mehr tun", sagt Mojib Latif. "Im Moment handelt es sich vor allem um Lippenbekenntenisse." Die Politiker wissen um das Problem, und selbst die Amerikaner würden die globale Erwärmung nicht mehr anzweifeln. "Ein Erkenntnisproblem haben wir nicht, aber ein massives Umsetzungsproblem."