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Das Leben als Comic

Patrick Tippelt24. Oktober 2006

Der Held kehrt zurück. Die Bewohner der armen Bananenrepublik schaffen es nicht allein. Sie brauchen Hilfe. Und die kommt bald! Eile herbei, Thaksinman!

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Ein Aprilscherz im Oktober? Von wegen! Da hat ein Fan 200 Seiten eines Comicbooks gefüllt mit den Eskapaden eines tycoonhaften Politikers (oder eines politiker-haften Tycoons) und somit ein ärmliches Propaganda-Produktlein für den abgesetzten Thaksin Shinawatra geschaffen.

Im 3-Euro-Heftchen "Das Leben von Thaksin" lebt die Figur fürs verarmte Bauernvolk, dem er finanzielle Hilfe verspricht - nach seiner geglückten Rueckkehr aus dem selbstgewählten Exil in London.

Zuviel Verehrung

Da hat Posatorn Butr-anan, die Verfasserin des Comics, dem wahren Leben einiges abgeschaut – und zuviel Thaksin-Verehrung hineingerührt. Die verkauft sich dieser Wochen schlecht in Thailand. Von der ersten Auflage (5000 Hefte) sind bisher nur wenige über die Ladentheke gewandert.

Und das, obwohl das durchschnittliche Jahreseinkommen der thailändischen Bauern in den fünf Jahren, in denen Thaksin regierte, tatsächlich um 60 Prozent gestiegen ist. Aber so etwas macht noch lange keinen guten Politiker.

Thaksin will nachhause

Die Kunst imitiert das Leben - oder ansdersrum. Jedenfalls möchte Thaksin nun nachhause. Doch das macht er natürlich abhängig von der Aussicht auf Prozesse, die ihm und seiner Familie gemacht werden könnten. Wegen Veruntreuung von Geldern, Bestechung und einigen anderen Verbrechen.

Denn darauf hat Thaksin verständlicherweise keine Lust. Eine eigens dafür ins Leben gerufene Kommission soll eventuelle Strafbestände gegen ihn untersuchen. Und sollte da etwas zusammenkommen (wovon man ausgehen kann), wird der Mann wohl offiziell Asyl beantragen in Groβbritannien.

Feiern nach dem Putsch

Das wäre vielen Thais auch Recht. Nur die Interimsregierung - deren Präsident mit Thaksin telefonisch in Kontakt steht - und einige Soziologen sehen das anders. Sie sehnen sich nach "closure" fürs Volk; es soll mit Thaksin friedlich abschlieβen, was nur passieren kann, wenn sie ihn wieder aufnehmen in die groβe, buddhistische Nationalfamilie. Bleibt Thaksin Thailand fern, droht eine soziale Aufspaltung des Volkes.

Viele sehen in dieser Logik eine Express-Revision der brandneuen Geschichte, der Ereignisse der letzten Jahre und Monate. Sie sehen in den Soziologen Sprachrohre Thaksins. Viele Thais können sich eine solche Aufarbeitung nur vorstellen mit Thaksin hinter heimischen Gittern.

"Den Reichen bedeutete mein Populismus wenig, aber für die Armen war es die Welt", so der Comic-Thaksin. Solch ein Ausspruch passt - nur - in die Absurdität eines Comic-Heftchens. Denn selbst die Mehrheit der armen Bauern Thailands feierte den schnellen Abgang Thaksins durch den Putsch.