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Mirakel und ein Zerstreuter

30. Oktober 2009

Sinfonien, die Geschichten erzählen, waren eine Spezialität von Joseph Haydn. „Miracle“ oder „Il distratto“ sind launige Musikstücke. Jetzt hat das Mozarteumorchester Salzburg diese Werke neu eingespielt.

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CD-Cover Joseph Haydn: Sinfonien Nr. 60, 88 & 96, Mozarteumorchester Salzburg, Ltg. Ivor Bolton, Oehms 736
Joseph Haydn: Sinfonien

Auf dieser CD kommen drei ganz unterschiedliche Phasen in Haydns Leben zur Geltung. „Il Distratto“ ist die früheste der Sinfonien, sie entstand noch 1774 als Auftragswerk des Fürsten von Esterhazy. Erst dreizehn Jahre später schrieb Haydn die Sinfonie Nr. 88 „mit dem Dudelsack“, für einen Geiger, den er noch vom Esterhazy-Orchester her kannte. Und schließlich „The Miracle“, eine der ersten Londoner Sinfonien von Haydn aus dem Jahr 1791. Sie half, seinen Ruhm als großen Klassiker zu zementieren.

Das „Mirakel“

Der österreichische Komponist Joseph Haydn dargestellt auf einem Gouachebild von J. Zitterer (im Historischen Museum der Stadt Wien).
Joseph HaydnBild: dpa

Der Name der Sinfonie „Miracle“ hat eine Geschichte. Angeblich fiel ein Kronleuchter bei ihrer Aufführung herunter, - und doch wurde auf wundersame Weise niemand erschlagen. Ein Beiname, der haftet, was auch immer hinter dieser Anekdote stecken mag.

Bei den anderen beiden Werken auf dieser CD ist die Namensgebung eindeutiger: eine sehr temperamentvolle Sinfonie verbirgt sich etwa hinter der schlichten „Nummer 88“. Auch genannt die „Sinfonie mit dem Dudelsack“, wegen der eigenwilligen Bordunbegleitung für einen Geiger, den er noch vom Esterhazy-Orchester her kannte.

Quicklebendig

19.12.2008 DW-TV Projekt Zukunft Geige 02
GeigenklängeBild: DW-TV

„Il distratto“ - „Der Zerstreute“: komponiert hatte Haydn diese Sinfonie ursprünglich als Bühnenmusik zur gleichnamigen Komödie. Daher hat sie auch sechs Sätze und glänzt mit dramatischen Überraschungen. Und wann hören wir schon mal, wenn inmitten einer Sinfonie noch einmal nachgestimmt wird? Wie im Finale von „Il Distratto“, darin müssen die Geiger ihre tiefste Saite wieder auf ein gemeinsames„G“ bringen. Dieses Saitenstimmen führt bildhaft den „Zerstreuten“ in diesem Drama vor Augen, der sich ständig selbst „zur Besinnung“ bringen muss. Er vergisst ja sogar, dass er am selben Tag geheiratet hat. Solche musikalischen Scherze flicht Haydn ganz wohldosiert und elegant ein in seine Musik. Und die kommt auch ohne Schauspiel bestens Geltung. Eine originelle Sinfonie erster Güte, die eben einfach sechs Sätze hat, was damals eher unüblich war.

Haydn auf englisch

Joseph Haydn / Kanalueberquerung - 'Haydn auf der Ueberfahrt nach Eng- nd land'. (1.Jan.1791, Haydn ueberquert den Kanal zum ersten Aufenthalt in England 1791/92). - Lichtdruck nach Gemaelde von Carl Roehling (1849-1922), spaetere Kolo- rierung.
Joseph Haydn / KanalueberquerungBild: picture-alliance / akg-images

Seit 5 Jahren nun steht der Brite Ivor Bolton dem Mozarteum Orchester vor. Ein Dirigent, der sich viel auch mit Kammerorchestern und Barockmusik beschäftigt. Er schafft Transparenz, arbeitet klar die musikalischen Kräfte und Bewegungen heraus und bleibt dabei ganz der besonnene Brite. Somit der richtige Partner für dieses Orchester, das sich auch eher den klassisch-besonnenen Interpretationen verschrieben hat. Dabei fehlt es ihm nicht an Spielfreude und musikalischer Leidenschaft. Haydns Sinfonik wird ganz lebendig und greifbar. Man spürt: diese Musiker haben Haydns Musiksprache ganz verinnerlicht und wollen uns nun selbst damit etwas mitteilen. Schöneres kann man eigentlich nicht erwarten.

Autorin: Julika Jahnke

Redaktion: Gudrun Stegen