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Job durch Krise

6. April 2009

Die Bauindustrie in Mittelamerika leidet: Vielen Bauherren ist das Geld ausgegangen. Für die Händler von Baumaterialien ein Problem - eine Chance dagegen für selbständige Handwerker.

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Schmied Jorge Eugenio Juárez arbeitet an der Verzierung eines Gitters (Foto: Andreas Boueke)
Der Schmied Jorge Eugenio Juárez bei der ArbeitBild: DW / Andreas Boueke

Manuel de la Cruz handelt mit Baumaterialien. Sein Laden "La Colina" befindet sich am Rand der "Calzada Roosevelt", einer der Ausfahrtstraßen von Guatemala-Stadt. Sein Lager ist voll - und die Kunden bleiben weg. Noch vor wenigen Monaten standen fast ständig mehrere Lastwagen oder Pickups auf seinem Ladeplatz. Das Geschäft läuft nur noch schleppend.

Viele Bauherren in dem kleinen, mittelamerikanischen Land Guatemala haben ihre Pläne für größere Projekte auf Eis gelegt: Für sie ist es schwierig geworden, von den Banken Kredite zu bekommen. Deshalb hat die Nachfrage für Baumaterialien abgenommen, obwohl die Preise deutlich gesunken sind. Gerade Eisen ist heute viel preiswerter als noch im vergangenen Jahr. Manuel de la Cruz erinnert sich, dass der Preis für hundert Pfund Eisen bis auf 500 Quetzales, umgerechnet etwa 50 Euro, gestiegen war. Nun aber liegt er nur noch bei etwas mehr als der Hälfte: 270 Quetzales.

Spielball des Weltmarkts

Die globale Finanzkrise hat in Guatemala zahlreiche Großprojekte ausgebremst. Im Kleinen aber entschließen sich viele Leute, die niedrigen Preise auszunutzen. Davon profitieren insbesondere Schmiede, die in ärmlichen Wohnsiedlungen leben und deren Kunden meist ihre eigenen Nachbarn sind.

Jorge Eugenio Juárez (l.) sitzt auf der Haube eines Autos, neben ihm steht ein Freund (Foto: Andreas Boueke)
Jorge Eugenio Juárez (l.) mit einem FreundBild: DW / Andreas Boueke

Einer von ihnen ist der 29-jährige Jorge Eugenio Juárez. Menschen wie Jorge verstehen nicht, warum die Stahl- und Eisenpreise mal steigen und mal fallen. Dabei haben die Weltmarktpreise einen direkten Einfluss auf sein Leben, er ist ihnen ausgeliefert: Wenn die Rohstoffe teurer wird, kann er seine Preise nicht erhöhen. Er wäre schlichtweg zu teuer für seine Kunden - und bekäme damit kaum noch Aufträge.

Die vergangenen Jahre waren hart für Jorge: Es gab keine Arbeitsplätze für Schmiede, denn ihre Arbeit war den Leuten zu teuer. Sie haben sich erschrocken, wenn Jorge ihnen sagte, was es kostet, wenn er ihnen eine neue Tür oder ein Fenster schmiedet. Viele haben ihn dann nur das Notwendigste machen lassen oder ihre alten Türen mit kleinen Eisenstücken selbst repariert. Jorge hatte zwar eine Anstellung, aber die Aufträge gingen so weit zurück, dass nur noch ein Schmied zu tun hatte - da wurde Jorge entlassen.

Vorteile für kleine Schmiede

Jorge Eugenio Juárez steht auf einer Mauer und arbeitet an der Verzierung eines Zauns (Foto: Andreas Boueke)
Jorge Eugenio Juárez arbeitet an der Verzierung eines ZaunsBild: DW

Nun profitiert er davon, dass im Zuge der Finanzkrise die Rohstoffpreise sinken. Viele Anwohner in Jorges Nachbarschaft, die ihre Hauseingänge in den vergangenen Jahren nur provisorisch mit Wellblech und alten Holzbalken verschlossen hatten, nutzen die fallenden Preise, um sich ordentliche Türen anzuschaffen.

Die Nachfrage nach Türen, Fenstern, Gittern und all den Dingen, die man aus Eisen macht, ist gestiegen. Für viele Handwerker und Arbeiter ist das die Chance, wieder in dem Beruf zu arbeiten, den sie gelernt haben - und nicht mehr als schlecht bezahlte Hilfskraft in einer anderen Branche. Der Schmied Jorge hofft, dass die Preise für Eisen und Stahl weiter fallen, denn dann gibt es für ihn weiterhin genug zu tun.

Autor: Andreas Boueke, Guatemala

Redaktion: Christina Hebel