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Das Internet nagt an Chinas Politik

18. Dezember 2002

Das Internet gilt als Synonym für Freiheit und grenzenlose Kommunikation. Für China gilt das weniger. Aber auch dort erobert sich das Internet seinen Freiraum.

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China hat die weltweit zweitgrößte Internet-GemeindeBild: AP

Mit 54 Millionen Internetbenutzern bildet China nach den USA die zweitgrößte Internetgemeinde der Welt. Der Modernisierungsprozess der Telekommunikations- und Informationsindustrie ist in den Augen der chinesischen Zentralregierung ein wesentliches Instrument, um weiterhin hohe wirtschaftliche Wachstumsraten zu erzielen - nach dem Abgesang auf die sozialistische Ideologie die letzte verbliebene Legitimation der Herrschaft der KP Chinas. Dabei sieht sich die Regierung mit zwei Problemen konfrontiert. Auf der politischen Seite: Wie werden unerwünschte Inhalte von den chinesischen Usern ferngehalten? Auf der technischen Seite: Wie lässt sich die Integration der vorhandenen Netzwerke erreichen?

Optimistische Forscher

Dr. Jens Damm forscht am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin zum Internet in China. Er ist optimistisch, dass die chinesische Regierung sich im Widerstreit zwischen Zensur und Modernisierung für die Modernisierung entscheiden wird. "Die chinesische Regierung hat selbstverständlich das große Ziel, mittels des Internets zu einer weiteren Modernisierung des Landes beizutragen", sagt Damm. "Das heißt, wenn es auch zu einem großen Widerspruch zwischen wirtschaftlichen Entwicklungen und dem Bestreben der chinesischen Regierung gibt, gewisse Informationen von der Bevölkerung fern zu halten, wird man eher den Weg frei geben, damit die wirtschaftliche Entwicklung nicht blockiert wird." Religiöse Gruppierungen wie Falun Gong oder Seiten von taiwanesischen Unabhängigkeitsgruppen hingegen sehe die chinesische Regierung eher als Gefahr. Solche Internetseiten werde sie deshalb weiterhin sperren.

Seit 1996 treibt China die Entwicklung des E-Governments voran. Die bisher vorliegenden Forschungsergebnisse lassen den Schluss zu, dass China ersten Nutzen aus dem Ausbau des Internets zieht. Die Einführung der so genannten "Goldenen Projekte", nämlich die Vernetzung etwa in den Bereichen Steuern, Zoll oder Sicherheit, trägt bereits Früchte im Sinne einer verstärkten Effizienz staatlichen Handelns. Und die mit der Modernisierung einhergehende bevorzugte Anstellung jüngerer und besser ausgebildeter Mitarbeiter im Staatsdienst könnte die Transformation eines autoritären Landes wie China weiter beschleunigen.

Zwischen Kontrolle und Freiheit

Dr. Zhang Junhua, ebenfalls an dem Forschungsprojekt zum chinesischen Internet beteiligt, ist optimistisch, was den Einfluss der Internetentwicklung auf die Demokratisierung der chinesischen Politik betrifft. "In der Tat gibt es zwei verschiedene Richtungen in der Entwicklung des Internets. Einerseits ist die Kontrolle über die normalen Bürger durch die Behörden, wie z. B. den Sicherheitsdienst, viel leichter geworden. Andererseits dienst das Internet der schnellen Verbreitung der Informationen und erweitert zugleich den Horizont der Bürger", sagt Junhua und fügt hinzu: "Ich denke, die Entwicklung in Richtung Freiheit und Demokratie wird die andere überholen. Es geht schließlich um den Kampf zwischen zwei unterschiedlichen Kräften."

Für Dr. Damm spielt E-Government in entwickelten Ländern eine andere Rolle als in sich entwickelnden Ländern. In den Industriestaaten ist E-Government kaum mehr als ein Hilfsmittel für die Verwaltung. In Ländern wie China aber dient es in erster Linie dazu, die Verwaltung zu reformieren, sie effizienter und transparenter zu gestalten.