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Ablauf eines Konklaves

Bernd Riegert, z. Zt. in Vatikanstadt13. März 2013

115 Kardinäle haben entschieden, wer die katholische Kirche künftig führt. Für die Wahl des Papstes wurden die Kardinäle von der Außenwelt abgeschottet. Die Regeln waren streng, aber die Betten bequem.

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Ein Kardinal betritt den Vatikan (Foto: Getty Images)
Bild: Getty Images

Wäre es ein Hotel, das Haus Sankt Marta neben dem Petersdom hätte wohl ungefähr drei Sterne. Die 105 Suiten und 26 Einzelzimmer des Gästehauses im Vatikan sind komfortabel eingerichtet, allerdings wurden Telefone, Fernseher, Radios und Computer entfernt.

Die Bewohner, 115 Kardinäle aus aller Welt, durften von diesem Dienstag an keinen Kontakt zur Außenwelt aufnehmen, auch nicht zu engen Mitarbeitern oder ihren Familien. Nur miteinander konnten sie reden, zum Beispiel im großen Speisesaal oder bei gemeinsamen Messen. Zur Entspannung blieb nur ein Buch. Der erfahrene deutsche Kardinal Karl Lehmann, Bischof in Mainz, der schon 2005 beim Konklave dabei war, hatte sich ein Werk eines mittelalterlichen Theologen eingepackt. Der schreibt über die Kriterien, die ein guter Papst erfüllen muss. Das Gästehaus wurde erst in den 1990er Jahren gebaut, davor mussten die Kardinäle in Abstellkammern, Holzverschlägen und engen Räumen übernachten.

Wer redet fliegt raus

Die Kirchenfürsten sollten unter strengster Geheimhaltung einen neuen Papst aus ihrer Mitte wählen. Wenn jemand plaudert, ist er automatisch exkommuniziert, also aus der katholischen Kirche ausgestoßen. So hatte es Benedikt XVI. noch festgelegt, kurz bevor er abdankte. Auf dem Weg vom Gästehaus zum Apostolischen Palast, in dem die Sixtinische Kapelle liegt, sollten die wählenden Kardinäle ebenfalls abgeschirmt werden und keinen Kontakt mit dem Sicherheitspersonal oder Bediensteten aufnehmen können. Mobiltelefone, Tablet-Computer und andere Geräte dürfen die Kardinäle nicht mitnehmen. Leibesvisitationen gibt es allerdings nicht, so ein Mitarbeiter des Vatikans vor Beginn des Konklaves.

Die Türen der Sixtinischen Kapelle im Vatikan werden geschlossen (Foto: picture alliance)
Werden für die Papstwahl geschlossen: Türen der Sixtinischen KapelleBild: picture-alliance/AP

Die geheime Wahlprozedur begann mit dem feierlichen Einzug der Kardinäle in die Sixtina, die prächtig ausgemalte Kapelle, an deren Stirnseite das "Jüngste Gericht" zu sehen ist. Das erinnere an die Verantwortung, die die Kardinäle tragen, sagte Kardinal Christoph Schönborn aus Österreich vor Journalisten in Rom.

"Es wird nicht diskutiert, es wird gebetet. Das mag etwas seltsam erscheinen, aber es geht ja in dieser Wahl darum herauszufinden, wen Gott erwählt hat", sagte Kardinal Schönborn über die Atmosphäre bei den Wahlgängen. Alles laufe sehr ruhig und ernst ab, so Kardinal Lehmann aus Mainz in einem Interview mit Radio Vatikan. "Man kann höchstens mal leise mit dem Nachbarn tuscheln. Es gibt kein völliges Schweigen, aber auch kein Palaver."

Vier Abstimmungen pro Tag

Am ersten Tag wurde nur einmal gewählt. Vom zweiten Tag an sollte jeden Tag vier Mal abgestimmt werden, so Vatikan-Sprecher Pater Federico Lombardi. Die Kardinäle saßen in langen Reihen an Tischen, schrieben den Namen ihres Kandidaten auf einen Zettel. Die Wahlordnung sieht vor, dass sie ihre Schrift verstellen sollen, aber lesbar schreiben müssen. Jeder Kardinal wird dann vom Wahlleiter aufgerufen, geht zu einer großen Wahlurne in Form eines Kelches und wirft seinen Zettel hinein. Dabei sagt jeder Kardinal, dass er denjenigen gewählt hat, den Gott nach seiner Meinung für den am besten Geeigneten hält. "Das geht einem schon durch Mark und Bein", beschrieb Kardinal Lehmann diesen Moment.

Karl Kardinal Lehmann (Foto: AFP)
"Geht durch Mark und Bein": Kardinal LehmannBild: AFP/Getty Images

Nach dem Wahlgang, der rund eine Stunde dauert, werden die Stimmen laut von drei ausgelosten Helfern ausgezählt. Die Stimmenzettel werden auf eine Schnur aufgezogen und anschließend verbrannt. Hat kein Kandidat die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht (77 von 115 Stimmen) wird etwas Pech verbrannt. Der Rauch, der durch ein langes Ofenrohr aus der Kapelle geleitet wird, färbt sich schwarz. Wird die Mehrheit erreicht, wie jetzt geschehen, werden Chemikalien mitverbrannt, die weißen Rauch erzeugen. Das Rauchzeichen aus dem Schornstein ist auf dem Petersplatz zu sehen. Die Welt weiß: "Wir haben einen Papst".

Höhepunkt: Habemus papam!

Der Gewählte muss dann noch erklären, ob er das höchste Amt annimmt. Dann erfolgt die Einkleidung und etwa 45 Minuten später erscheinen die Kardinäle und der neue Papst auf dem Balkon des Petersdoms, um dem Kirchenvolk den Namen zu verkünden. 2005 nach der Wahl Benedikts gelang es einem Bediensteten im Vatikan eine Twittermeldung an einen wartenden Journalisten abzusetzen, noch bevor auf dem Balkon die berühmten Worte "Habemus papam" gesprochen werden konnten. So erfuhr die Welt zum Ärger von Joseph Ratzinger einige Minuten früher als geplant den Namen des neuen Oberhirten.

Arbeiter stellen zwei Öfen in der Sixtinischen Kapelle auf (Foto: picture alliance)
Schwarzer oder weißer Rauch? Öfen in der Wahl-KapelleBild: picture-alliance/dpa

Schokoriegel für alle Fälle

Am Montag hatten sich die Kardinäle noch einmal zu einer Vollversammlung getroffen und über das Geschäftsgebaren der Vatikan-Bank diskutiert, das unter anderen auch von der Europäischen Union als zu undurchsichtig kritisiert wird. Auf den neuen Papst kommen eine Menge an Reformen innerhalb der kirchlichen Verwaltung, der Kurie, zu. Intern hatten die Kardinäle auch über die VatiLeaks-Affäre, den Verrat von geheimen päpstlichen Unterlagen, und die Aufarbeitung der Missbrauchs-Skandale in verschiedenen Teilen der katholischen Kirche diskutiert. Die drei Kardinäle, die zu den Missständen in der Kirche einen 300 Seiten umfassenden Bericht verfasst haben, sollen über ihre Untersuchungen berichtet haben. Über Einzelheiten der Aussprache wird allerdings geschwiegen, auch das gehört zu den Regeln des Konklaves.

Am Montagabend wurden auch noch einzelne Kardinäle beim Abendessen in den Restaurants rund um den Vatikan gesichtet. Das letzte Mahl in Freiheit sozusagen. "Ich nehme mir auch ein paar Schokoriegel mit ins Konklave", scherzte der füllige New Yorker Kardinal Timothy Dolan. "Das Essen im Konklave soll nicht so besonders sein."