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Das Medienimperium von Pater Rydzyk gerät in Polen ins Wanken

25. September 2003
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Posen, 25.9.2003, WPROST, poln.

"Wer die Medien hat, der hat die Macht", pflegt Pater Tadeusz Rydzyk zu sagen. Dem Direktor des Radiosenders "Radio Maryja" und gleichzeitig dem Gründer des Fernsehsenders "Trwam" könnte bald jedoch nur eine Erinnerung an die Medien und die Macht bleiben, weil das von ihm geschaffene Medienimperium am Rande des Bankrotts steht.

Den letzten Schlag versetzte ihm der erst vor fünf Monten in Betrieb genommene Fernsehsender "Trwam". Aber auch das Projekt, in Torun (Thorn) ein gigantisches Wissenschaftsforum für 5 000 Studenten zu errichten, erwies sich als ein Fehlschlag. Pater Rydzyk konnte sich nämlich niemals eine Investition leisten, die auf 800 Millionen Zloty (etwa 200 Millionen Euro) jährlich geschätzt wird. Die misslungenen Großprojekte haben für einen Dominoeffekt gesorgt.

Der Fernsehsender "Trwam" ist lediglich imstande pro Tag wenige Stunden Programm zu produzieren. Dabei handelt es sich entweder um billige Studiosendungen oder um Rebroadcasting. Auch die Tageszeitung "Nasz Dziennik", deren Auflage noch vor Kurzem 250 000 Exemplare betrug, bringt Verluste. Es gibt kein Geld, um das Bildungszentrum auszubauen und um das Programm von "Radio Maryja" via Satellit auszustrahlen. Auch die bis vor kurzem so gewinnbringenden Bücher, CD‘s, Kassetten für Kinder sowie Kalender, Liederbücher und Alben finden keine Käufer mehr.

Tadeusz Rydzyk hat selbst das Huhn geschlachtet, das goldene Eier legte, weil er zu viel von ihm verlangte. Jetzt blieben Pater Rydzyk nur Appelle um finanzielle Unterstützung, die während der Sendungen bei "Radio Maryja" oder beim Fernsehsender "Trwam" ausgestrahlt werden und sich an die Zuhörer und Zuschauer richten. Diese bleiben jedoch zum ersten Mal seit Jahren wirkungslos. Noch schlimmer: Die Zuhörerquote des Senders "Radio Maryja" sinkt rapide: Während der letzten drei Monate sank sie von 2,44 Prozent auf 0,76 Prozent. Der Fernsehsender "Trwam" wird von lediglich 40 000 bis 50 000 Zuschauern gesehen. Unter dem Publikum von Pater Rydzyk überwiegen ältere Menschen ohne gute Ausbildung. Das Sinken der Popularität des Senders Radio Maryja könnte durch die sogenannte "biologische Ursache" bedingt sein, d. h. aus der Tatsache resultieren, dass die Generation der Zuhörer von "Radio Maryja" ausstirbt.

Pater Rydzyk setzte darauf, dass die Anfangsphase des Fernsehsenders "Trwam" durch den Verkauf von Satellitenanlagen mit dem Logo Radio Maryja finanziert wird. Leider ist die optimistische Annahme, dass etwa 100 000 Satellitenanlagen verkauft werden, nicht in Erfüllung gegangen. Es gelang lediglich 3 000 Anlagen abzusetzen. (...)

Eine andere geplante Einnahmequelle sollte die Fernsehwerbung werden. Im Unterschied zu "Radio Maryja" hat der Fernsehsender "Trwam" die Genehmigung, Werbespots auszustrahlen. Die Auftraggeber stehen jedoch nicht Schlange, da die Zuschauerquote so niedrig ist. Andererseits gehört die Zielgruppe, an die sich die Werbeauftraggeber richten, weder zu den Zuhörern von "Radio Maryja" noch zu den Zuschauern des Fernsehsenders "Trwam". Der Sender "Trwam" hat keine Chancen, seine Quote zu verbessern, weil sowohl die publizistischen Sendungen als auch die Nachrichten voll von ideologischen Inhalten sind und die anderen Programme einfach nicht professionell gemacht sind.

Als der Fernsehsender "Trwam" im April 2003 in Betrieb genommen wurde, gaben ihm die Vertreter der großen Medienhäuser in Polen keine Chancen für einen kommerziellen Erfolg. Sie behaupteten, dass Pater Rydzyk nicht bewusst sei, dass dafür viel größere Finanzmittel notwendig seien als für einen Radiosender. Außerdem seien die Sendungen, die im Radio ausgestrahlt werden, nicht fernsehtauglich, weil sie dort langweilig werden. (...)

Der Fernsehsender "Trwam" wurde mit neun Millionen Zloty (etwa 2,25 Millionen Euro) finanziert, die von einer der Stiftungen geliehen wurden, die von Pater Rydzyk kontrolliert werden. Pater Rydzyk dachte, dass die Kosten sich wie im Falle von "Radio Maryja" durch ehrenamtliche Tätigkeit senken lassen. Das war jedoch ein Fehler, da für die Berichterstattung im Radio unter Umständen nur eine Person ausreichen kann. Im Fernsehen hingegen ist dies nicht durchführbar und dort müssen mindestens 30 Fachleute beschäftigt werden. (...) Außerdem handelt es sich dabei um Spezialisten, die auf dem Arbeitsmarkt gesucht werden. Solche Menschen möchten nicht nur für "Gotteslohn" arbeiten. Der Mangel an Fachleuten ist bei dem Fernsehsender von Pater Rydzyk auf den ersten Blick sichtbar. (...)

Der sich abzeichnende Niedergang des Fernsehsenders von Pater Rydzyk und der frühere Untergang des Fernsehsenders "Puls" sowie anderer katholischer Medien ist ein Beweis dafür, dass auf dem polnischen Markt kein Bedarf an "kirchlichen" Sendungen besteht. (...)

Die Probleme um das Medienimperium von Pater Rydzyk bedeuten nicht, dass der Niedergang in einigen Tagen oder Wochen zu erwarten ist. Es wird eher eine lange Agonie werden, weil die Struktur der Holding so kompliziert ist, dass es einige Zeit möglich sein wird, das Geld von einer Gesellschaft an eine andere zu überweisen und auf diese Weise gute finanzielle Verhältnisse vorzutäuschen. (...) Eines ist jedoch sicher: Die polnischen Bischöfe werden sicherlich über den Niedergang der Holding von Pater Rydzyk nicht traurig sein. (Sta)