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Das Minimum erreicht

Nina Werkhäuser16. Mai 2003

Der Besuch von US-Außenminister Colin Powell in Berlin nicht den Durchbruch in den belasteteten deutsch-amerikanischen Beziehungen gebracht. Man könnte sagen: Die Rhetorik stimmte, aber die Chemie nicht.

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Miteinander zu sprechen ist besser als sich anzuschweigen. Unter diesem Gesichtspunkt war der Besuch des amerikanischen Außenministers Colin Powell in Berlin nützlich und wichtig.

Natürlich sind jetzt nicht auf einen Schlag alle Probleme gelöst, und es wäre übertrieben, ein einziges Treffen dieser Art schon als einen Neuanfang zu interpretieren. Eisiges Schweigen auf beiden Seiten des Atlantiks ist aber die denkbar schlechteste Variante, und dieser Tiefpunkt in den Beziehungen scheint jetzt immerhin überwunden.

Gleichzeitig hat Powells Besuch gezeigt, wie tief die Gräben sind, die der Streit über den Irak-Krieg hinterlassen hat: An den Worten und Gesten des amerikanischen Außenministers war klar zu erkennen, dass es Bundeskanzler Gerhard Schröder ist, der im Zentrum der Kritik der Bush-Administration stand und weiter steht.

Powell und Schröder gingen so wenig herzlich miteinander um, dass es jedem Beobachter auffallen musste. Sie sprachen nur kurz miteinander und rangen sich anschließend einige nach Zusammenarbeit und Kompromissbereitschaft klingende Worte ab. Das gegenseitige Vertrauen aber fehlt.

Erst bei der Begegnung mit Außenminister Joschka Fischer taute Powell ein wenig auf. Die während seines Besuchs abgegebenen Statements klangen auf unangenehme Weise vertraut: Es war einmal mehr die Beteuerung, dass beide Länder trotz ihres Streits Verbündete bleiben. Das ist nicht mehr als der Minimalkonsens, und so lange der mangels anderer Gemeinsamkeiten immer wieder herausgestellt werden muss, liegt noch vieles im Argen.

Powell machte keinen Hehl daraus, dass er von Deutschland im Sicherheitsrat nun Kompromissbereitschaft verlangt, wenn es um die Nachkriegsordnung im Irak geht. Und er fand die Zeit, sich mit CDU-Chefin Angela Merkel zu treffen, so wie Präsident Bush sich in Washington überraschend mit dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, ebenfalls ein CDU-Politiker, getroffen hat.

Für Schröder kann das nur eine Brüskierung sein, denn er hat Bush seit Monaten nicht persönlich gesprochen, und auch in näherer Zukunft ist ein Vier-Augen-Gespräch nicht geplant.

Das liegt zwar an beiden, an Bush und an Schröder, aber das Verhalten amerikanischer Regierungsvertreter macht es der Bundesregierung auch nicht gerade leicht, wieder einen Fuß in die Tür zum Weißen Haus zu bekommen.

So wurde Verteidigungsminister Peter Struck Anfang Mai in Washington zwar von seinem amerikanischen Amtskollegen Donald Rumsfeld empfangen, aber für eine gemeinsame Pressebegegnung war er dann doch nicht wichtig genug.

Auf beiden Seiten ist noch eine gehörige Portion Trotz zu spüren, und dieser Zustand wird wohl noch eine Weile anhalten. Möglicherweise finden Schröder und Bush gar keinen Draht mehr zueinander. Dann bleibt nur die Möglichkeit, eine Etage tiefer wieder an alte Gemeinsamkeiten anzuknüpfen. Das hat Powell in Berlin immerhin versucht.