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Das Misstrauen ist groß

Nina Werkhäuser5. Juni 2004

Der Europa-Wahlkampf in Polen verläuft schleppend. Politik-Verdrossenheit mischt sich mit der Hoffnung auf neue Impulse. Auch die EU-Gegner gehen auf Stimmenfang. Nina Werkhäuser hat sich in Polen umgeschaut.

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Nur keine komplizierte Politik!Bild: dpa

Weit entfernt von Warschau kandidiert der 40-jährige Kosma Zlotowski fürs Europaparlament. Beim Wahlkampf in seiner mittelgroßen Provinzstadt muss der Kommunal-Politiker, der für die konservative Partei "Recht und Gerechtigkeit" antritt, harte Überzeugungsarbeit leisten. "Wenn ich mit den Leuten spreche, sind sie nicht sehr interessiert. Aber auf der anderen Seite verbinden sie irgendwelche Hoffnungen mit der EU und auch mit diesen Wahlen. Das ist ein Widerspruch, aber das ist so", erzählt EU-Befürworter Zlotowski.

Ordnung schaffen

Schröder bei Miller in Polen
Ein Bild aus vergangenen Tagen: Der ehemalige Ministerpräsident Leszek Miller mit Bundeskanzler Gerhard SchröderBild: AP

Der Europa-Wahlkampf in Polen verläuft vor dem Hintergrund einer andauernden Regierungskrise nur schleppend. Nach dem Rücktritt der Regierung von Ministerpräsident Leszek Miller hat es sein Nachfolger Marek Belka bisher nicht geschafft, die Zustimmung des Parlaments zu bekommen.

Generelle Politik-Verdrossenheit mischt sich nun mit der Hoffnung auf neue Impulse. "Wenn das EU-Parlament hier in Polen nicht endlich Ordnung schafft, dann wird es nur noch schlimmer", sagt ein Pole, der wählen gehen will. Andere Passanten wenden sich genervt ab - nur keine komplizierte Politik!

Brüssel ist weit weg

Für Zlotowski keine einfache Aufgabe, die Leute doch zum Wählen zu animieren: "Vielleicht liegt es daran, dass die normalen Leute mit der Europäischen Union jetzt nicht viel zu tun haben. Vielleicht wird das in fünf Jahren anders sein. Aber die Polen müssen wissen, wozu das dient, und das ist jetzt noch ein Geheimnis für sie." Noch sind die Institutionen der EU den meisten Polen fremd.

Straßburg und Brüssel sind weit weg. Viele Polen würden generell nicht zu Wahlen gehen, erklärt der Journalist Cezary Wojtczak. Bei der letzten Wahl zum polnischen Parlament lag die Beteiligung bei 46 Prozent. Bei der ersten Europawahl werden höchstens 20 Prozent der Wähler mitstimmen, vermutet Wojtczak.

Ausverkauf des Landes

EU-Flaggen in Straßburg
Das Europaparlament in StraßburgBild: AP

Viele polnische Kandidaten für das Europaparlament sind zudem erklärte EU-Gegner, zum Beispiel Stefan Pastuszewski. Der Schriftsteller führt ein lokales Wahlbündnis an, das den EU-Beitritt Polens für einen Fehler hält. Deshalb hat Pastuszewski Verständnis für alle, die nicht wählen gehen: "Es ist nicht möglich, die Wähler zu mobilisieren, und deswegen werde ich es auch nicht tun.

Wenn die Beteiligung niedrig ist, dann ist das der Beweis dafür, dass die falschen Leute im Europaparlament sind und dass es ein Fehler war, der EU beizutreten." Stefan Pastuszewski glaubt zwar nicht, dass er einen der 54 Sitze Polens im Europaparlament bekommt. Wenn aber doch, dann will er dort für die Interessen Polens kämpfen und den Ausverkauf des Landes an die großen EU-Länder stoppen, wie er sagt.

EU-Gegner profitieren von Regierungskrise

Europa-feindliche Töne verbreiten auch die nationalkonservative "Liga der polnischen Familien" oder die "Samoobrona" des populistischen Bauernführers Andrzej Lepper. Sie profitieren von der aktuellen Regierungskrise und stehen in den Umfragen gut da. Es ist wahrscheinlich, dass Polen am 13. Juni zahlreiche EU-Gegner ins Europa-Parlament schicken wird.