1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Das Dilemma der EU

16. Juli 2009

Das EU-Parlament hat sich auf seiner konstituierenden Sitzung nicht nur mit sich selbst beschäftigt, sondern seinen Blick auch nach außen gerichtet. Zwei wichtige Punkte sind dabei die Beziehungen zu Iran und China.

https://p.dw.com/p/IqtL
Blick in den Plenarsaal des EU-Parlaments in Straßburg (Foto: AP)
Auf der konstituierenden Sitzung ging es um mehr als Wahlen und AusschüsseBild: AP

Die Europäische Union steckt in einem Dilemma - sowohl was den Umgang mit dem Iran angeht als auch das Verhältnis zu China. Man wolle sich für die Menschenrechte und für eine Demokratisierung im Iran einsetzen, betonte der schwedische Außenminister Carl Bildt, der zurzeit die EU-Ratspräsidentschaft vertritt, am Mittwoch (15.07.2009) vor dem Parlament in Straßburg. Gleichzeitig wolle man aber auch den Kontakt zur iranischen Regierung aufrechterhalten. Eine heikle Aufgabe - denn mit dem Iran zu verhandeln sei viel schwieriger, als ihn zu isolieren, so Bildt.

Diese abwägende Politik missfällt vielen Europaabgeordneten. Einer der schärfsten Kritiker war Daniel Cohn-Bendit, Vorsitzender der Grünenfraktion. Die EU stelle ihre Handelspolitik über alles andere, meinte er. "Ich fordere die Kommission und den Rat auf, herauszufinden, was die Verantwortung von Nokia, von Siemens und von europäischen Waffen bei der Unterdrückung des iranischen Volkes ist."

Heikle Aufgaben für die EU

Chinesische Soldaten und Uiguren (Foto: AP)
Die EU sucht nach einem Weg, China zu begegnen - nach den blutigen UnruhenBild: AP

Auch im Falle Chinas stehe die EU vor einem Dilemma: Natürlich müsse die Union übertriebene Gewaltanwendung anprangern und tue das auch, sagte Carl Bildt. Er bezieht sich auf die Unruhen in der Region Xinjiang, die im Juli ausgebrochen waren. Bei den jüngsten Zusammenstößen zwischen Uiguren und der chinesischen Polizei sind nach offiziellen Angaben 192 Menschen gestorben. Doch die EU und China hätten viele gemeinsame Interessen, die ebenfalls berücksichtigt werden müssten. "Fragen wie die weltweite Stabilität der Finanzmärkte oder die Herausforderung des Klimawandels sind hier wichtig, aber auch die Situation auf der koreanischen Halbinsel oder die Lage in Birma bis hin zur Notwendigkeit, die wichtigen Schifffahrtsrouten um das Horn von Afrika zu schützen", erklärte Bildt.

Der christdemokratische Außenpolitiker Elmar Brok warnte China vor einer Überreaktion - in dessen eigenem Interesse. Die Uiguren seien eine gemäßigte sunnitische Minderheit, sagte er. "Davon geht nicht unmittelbar eine Terrorgefahr aus." Doch wenn man mit den Gemäßigten keine Vereinbarungen treffe, gebe es immer mehr Junge und Radikale, die nicht mehr warten können oder wollen.

Dämpfer durch das deutsche Lissabon-Urteil

Richter in roten Roben kommen aus einer Türe (Foto: dpa)
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes beschäftigt das EU-ParlamentBild: AP

Doch die EU ist nach wie vor auch viel mit sich selbst beschäftigt. Das Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichtes zum Lissabon-Vertrag beispielsweise hat das Parlament zum Nachdenken gebracht. Das Gericht hat den Reform-Vertrag zwar für rechtens erklärt, aber die parlamentarische Hauptrolle dem deutschen Bundestag zugewiesen - und damit das Europaparlament abgewertet. "Es wird schwierig sein, bei der Integration weiter als Lissabon zu gehen. Daher wird in Zukunft eine tiefgehende Diskussion darüber notwendig sein", sagte der neue Parlamentspräsident Jerzy Buzek über das Urteil.

Noch ist Lissabon nicht in trockenen Tüchern, doch eine Debatte über die Grenzen der Integration scheint überfällig.


Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Julia Kuckelkorn