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Das sagen unsere Aktivisten zur Bildungsfrage

Suzanne Cords4. Juni 2013

Welche Rolle spielt die Bildung für die Demokratie? Kann es überhaupt eine funktionierende Demokratie geben, wenn die Bevölkerung kaum über Schulbildung verfügt? Und ist ein unwissendes Volk automatisch "pflegeleicht"?

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Journalistin Tetiana Chornovol aus der Ukraine:

Der Zugang zu einer guten Bildung entsprechend den eigenen Begabungen – unabhängig von der finanziellen Situation oder der Nähe zu den privilegierten Kreisen - ist ohne Zweifel ein wichtiges Merkmal einer echten Demokratie. Daher ist es nur logisch, dass manche Regimes diesen Zugang einschränken, um die Bevölkerung "pflegeleicht" halten zu können. Leider gehen nicht nur undemokratische Regime so vor; diese "Sünde" wird auch von den meisten etablierten Demokratien begangen. Es gibt in manchen hochentwickelten Ländern beträchtliche finanzielle Hürden für Abiturienten und Studenten. Als Folge müssen sie dann ihr ganzes Leben lang einen Studienkredit an die Banken zurückzahlen. Dabei wird oft das innere Wertesystem ruiniert; Geld wird zum wichtigsten Erfolgsmaßstab im Leben.

Tetiana Chornovol, Ukraine
Bild: DW

Oppositionspolitiker Amr Badr aus Ägypten:

Demokratie und Freiheit eines Volkes müssen auf umfangreichem Wissen aufbauen, damit die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Das bedeutet, dass Demokratie mit all ihren Facetten nur mit einem funktionierenden Bildungssystem entstehen kann. Andererseits ist es ohne Demokratie nahezu unmöglich, ein funktionierendes Bildungssystem aufzubauen.

Amr Badr, Ägypten
Bild: DW

Umweltaktivist Quentin James aus den USA:

Eine Demokratie kann ohne ein Bildungssystem existieren, aber sie kann nicht ohne Bildung funktionieren. Ein funktionierendes, aber mangelhaftes Bildungssystem kann nicht die Grundlage einer Demokratie bilden. Diese funktioniert nur, wenn die Menschen sich darüber einig sind, dass Bildung wichtig ist. Wie die Menschen diese Bildung im Endeffekt erhalten, ist zweitrangig, das sollten sie selbst entscheiden.

Quentin James, USA
Bild: DW

Rechtsanwältin Lila Bellou aus Griechenland:

Natürlich lassen sich Leute ohne Bildung leichter von der Regierung beeinflussen. Sie wissen nichts über ihre Rechte und Pflichten, und das ist für die Demokratie ein Manko. Damit Demokratie funktionieren kann, sind zwei Grundvoraussetzungen vonnöten: gebildete Bürger und ein Mindeststandard an kollektivem Wohlstand. Wann immer eine dieser Voraussetzungen wegbricht, scheitert die Demokratie. Wenn eine Regierung dem Volk den Zugang zur Bildung verwehrt oder beschneidet, ergibt sich daraus unvermeidlich eine schwächere Demokratie!

Lila Bellou, Griechenland
Bild: DW

Japanischdozentin Isabelle Makgoeva aus Russland:

Derzeit sieht sich Russland, ähnlich wie andere Länder, mit neoliberalen Reformen im sozialen Bereich konfrontiert. Zu den Opfern dieser Reformen gehört unter anderem das nationale Bildungssystem. Russland gehörte einst zu den drei Ländern mit dem besten Bildungssystem weltweit; jeder Bürger hatte Zugang zu einer guten beruflichen Ausbildung oder zur Hochschule. Jetzt verkommt Bildung zur Dienstleistung, ja, zur Luxusware. Berufs- und Hochschulen werden in Unternehmen umgewandelt, die ihr Geld selbst verdienen müssen. Damit wird Bildung für die meisten Bürger des Landes unerschwinglich. Für mich ist Bildung aber keine Dienstleistung, sondern ein unentbehrliches Recht jedes einzelnen. Wenn man die Bildung einschränkt, führt das dazu, dass die Gesellschaft sozial immer weiter auseinanderdriftet.

Isabelle Magkoeva, Russland
Bild: DW

Grafikdesigner Marc Masmiquel aus Spanien:

Bildung ist ein Grundrecht; erst sie ermöglicht das Entstehen einer Demokratie. Ohne universellen Zugang zu einer laizistischen und umfassenden Bildung ist es unmöglich, an positive soziale Veränderungen überhaupt nur zu denken. Die neoliberalen Regierungen lassen zu, dass die Privatisierung der Bildung die Bevölkerung in Schichten teilt und nur die Wohlhabenden Zugang zum höheren Bildungsweg haben. Diese Tatsache verletzt und bricht grundlegende Rechte. Die private Bildung wird zur Ware.

Marc Masmiquel, Spanien
Bild: DW