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Das Stühlerücken in Rüsselsheim geht weiter

15. Dezember 2009

Nach monatelangen Turbulenzen bekommt der krisengeschüttelte Autobauer Opel einen neuen Lotsen: Der Aufsichtsrat bestimmte Walter Borst zu seinem neuen Chef. Damit wird Borst Nachfolger von Carl-Peter Forster.

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Borst im Portrait (Foto: AP)
Er führt künftig den Aufsichtsrat von Opel: Walter BorstBild: AP

Nachdem im Sommer noch der Anschein herrschte, General Motors (GM) will Opel verkaufen, übernehmen jetzt neue Topmanager der amerikanischen Konzernmutter die Führungsrolle bei Opel. Nach der Ernennung von Nick Reilly zum Chef von Opel und Vauxhall in Europa Anfang Dezember wird auch der Aufsichtsrat in Zukunft von einem langjährigen GM-Manager geleitet. Der 48 Jahre alte US-Amerikaner Walter Borst wurde am Dienstag in Rüsselsheim (15.12.2009) zum neuen Aufsichtratschef gewählt. Bisher ist er als GM-Vizepräsident für Finanzen zuständig. "Eine meiner Aufgaben besteht darin, die Liquidität der Gesellschaft zu sichern", sagte er nach seiner Wahl am Dienstag im Opel-Kontrollgremium. Er habe bei der GM-Insolvenz im Sommer eine aktive Rolle gespielt und sei in die Verhandlungen mit der US-Regierung eingebunden gewesen. Die Finanzprobleme der Traditionsmarke kennt er sehr genau: "Mit der Situation bei Opel bin ich vertraut, insbesondere da ich anfangs an den Gesprächen mit der deutschen Regierung teilgenommen habe."

Forster hat den Autobauer verlassen

Forster vor einem Opel-Logo (Foto: AP)
Carl-Peter Forster wollte die Opel-Übernahme von Magna. Inzwischen ist er gegangen.Bild: AP

Im Opel-Aufsichtsrat ist er jedoch noch ein sehr junges Gesicht: Walter Borst war erst Anfang Dezember in den Aufsichtsrat des krisengeschüttelten Autobauers berufen worden und tritt nun die Nachfolge des früheren Chefs von GM Europe, Carl-Peter Forster, an. Forster hatte den Autobauer Anfang November nach dem geplatzten Verkauf verlassen. Er hatte sich für eine Übernahme durch den Zulieferer Magna ausgesprochen. Der GM-Verwaltungsrat beschloss hingegen nach monatelangen Verhandlungen und Protestmärschen der Opel-Mitarbeiter vor den Werkstoren, die deutsche Tochter doch zu behalten.

Borst kennt den Betrieb aus dem Effeff: Der neue Chef-Aufseher hat sein ganzes Arbeitsleben beim deutschen Autobauer und dessen US-Mutter verbracht: Schon 1980 kam Walter Borst als Werkstudent zu GM. Die Verbindung seiner Familie zu Opel reicht sogar in die 1940er Jahre und damit in eine Zeit lange vor seiner Geburt zurück: "Mein Vater arbeitete damals bei einem Opel-Händler", sagte der GM-Manager nach seiner Wahl. Später wirkte er als Controller im Stammwerk Rüsselsheim. Zuvor hatte er als Direktor für Finanzanalyse und Planung für GM Europe in Zürich gearbeitet. Von Oktober 2000 bis Januar 2003 war Borst Opel-Finanzvorstand am Opel-Stammsitz.

Borst hat den nötigen Stallgeruch

GM-Zentrale in Rüsselsheim (Foto: dpa)
Neue Europazentrale von GM ist der Opel-Stammsitz in RüsselsheimBild: picture-alliance/ dpa

Borst scheint den richtigen Stallgeruch zu haben: Obschon ein GM-Gewächs, wurde Borst in Deutschland laut Aussage der Nachrichtenagentur dpa stets als "Opelaner" wahrgenommen. Der neue Aufsichtsratschef gilt als sehr ruhiger, ausgeglichener Mensch, der allerdings als "Herr der Finanzen" nicht unbedingt die Massen mitreißt. Im August 2003 wurde Borst zum Vize-Präsidenten und Finanzdirektor von GM ernannt. Borst ist mit einer Deutschen verheiratet und spricht fließend deutsch. Er hat zwei Kinder und lebt in New York. Seine Verbindung zu Deutschland sei nie abgebrochen, betonte er: "Da ein großer Teil meiner Familie noch immer in Deutschland lebt, war ich in den vergangenen Jahren mindestens einmal pro Jahr hier."

Für GM steht einiges auf dem Spiel

Opel- und GM-Logo (Foto: AP)
Die Opel-Mitarbeiter haben den Zickzackkurs von GM nicht immer verstandenBild: AP&DW

In Rüsselsheim erwartet ihn eine schwierige Aufgabe. Für GM steht einiges auf dem Spiel. Nach dem überraschenden Platzen des Verkaufs von Opel an Magna muss GM den Rüsselsheimer Autohersteller allein wieder in die Spur bringen. Deutlich wurde in den vergangenen Wochen eines: Neben einem Sanierungsplan braucht die Führungsriege dabei auch Fingerspitzengefühl im Umgang mit der Belegschaft. Betriebsratschef Klaus Franz, der in den vergangenen Monaten nicht nur öffentlich verstärkt auf das Dilemma der Opel-Mitarbeiter aufmerksam macht, sondern auch auf eine stärkere Mitbestimmung der Belegschaft pochte, setzt große Hoffnungen in den neuen Chefaufseher. "Mit Walter Borst haben wir einen Aufsichtsratsvorsitzenden der eine lange Vergangenheit mit Opel und Europa hat. Die Unternehmensmitbestimmung ist ihm bekannt, so dass er auch die Brücke zwischen GM und Opel/Vauxhall sehr gut schlagen kann", sagte Franz nach der Ernennung des Deutschamerikaners. Die Sympathie von Franz für die Entscheidung kommt nicht von ungefähr: Die Berufung von Borst gilt als Zugeständnis an die Belegschaft. Eigentlich sollte GM-Manager Bob Lutz den Posten als Aufsichtsratschef in Rüsselsheim besetzen. Dies stieß jedoch auf massiven Protest der Opel-Gewerkschafter.

Auto: Marcus Bölz (dpa/afp/rtr)

Redaktion: Martin Muno