1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Das System hat sich bewährt"

10. Mai 2002

- Premier Zeman zieht Bilanz seiner Amtszeit

https://p.dw.com/p/2AcO
Prag, 9.5.2002, RADIO PRAG, deutsch, Martina Schneibergova

Eine Bilanz seiner vierjährigen Regierungszeit hat der tschechische Premier Milos Zeman am Dienstag (7.5.) im Abgeordnetenhaus gezogen. Er lobte sein Kabinett und dankte den Bürgerdemokraten, die mit der Schließung des sogenannten "Oppositionsvertrags" dem sozialdemokratischen Minderheitskabinett vor vier Jahren ermöglicht hatten zu regieren.

Schon einleitend betonte der Premier, er habe nicht vor, die Opposition in seiner Rede anzugreifen, sondern wolle ihr im Gegenteil für die vierjährige Zusammenarbeit danken. Zu dem mit den Bürgerdemokraten geschlossenen Duldungsabkommen bemerkte Zeman, das System habe sich bewährt. In seiner Rede konzentrierte er sich auf die wichtigsten Erfolge seiner Regierung, die inzwischen zu den Schlüsselthemen der Wahlkampagne der Sozialdemokraten geworden sind - und zwar das Wirtschaftswachstum und die Erhöhung der Reallöhne sowie der Rückgang der Inflation und der Kriminalität. Der Premier gestand auch eine Schwäche seiner Regierung - dem Kabinett ist es nicht gelungen, die Arbeitslosigkeit zu reduzieren.

Trotz Zemans lobender Worte an die Adresse der Bürgerdemokraten (ODS) demonstrierten deren Abgeordnete, dass sie immer noch in der Opposition sind. So ließ der Chef der ODS-Abgeordnetenfraktion, Vlastimil Tlusty, verlauten:

"Erlauben Sie mir, den Bürgern und Unternehmen dafür zu danken, dass sie es geschafft haben, die Mehrheit der Hindernisse, die ihnen dieses Kabinett während seiner Regierungszeit in den Weg stellte, zu überwinden."

Der Chef der oppositionellen Christdemokraten Cyril Svoboda bezeichnete es als heuchlerisch, dass das Kabinett eben von den Bürgerdemokraten, die ihm das Regieren ermöglichten, kritisiert wurde. Zu Zemans Bericht über die vergangenen vier Jahre sagte Svoboda:

"Dieser Bericht über die Erfüllung der Programmerklärung der Regierung hat einen einzigen Fehler - er entspricht nicht der Wahrheit."

Karel Kühnl von der Freiheitsunion äußerte sich noch kürzer: "Die Regierung hat bewiesen, dass sie unser Vertrauen nicht verdient."

Zemans Bilanzrede wurde in der tschechischen Tagespresse kommentiert. Die auflagenstärkste Tageszeitung "Mlada fronta Dnes" brachte in ihrer Donnerstagsausgabe einen Kommentar mit dem Titel "Zeman hat verloren. Die Regierung irrt sich, wenn sie behauptet, dass sie erfolgreich war." Der Kommentator betont, dass sich der Premier irrte, wenn er meinte, dass die Qualität der Regierung vor allem durch statistische Ziffern bewiesen wird. Das Leben in Tschechien unter Zemans Regierung wird in dem Kommentar mit dem Leben unter der Vaclav-Klaus-Regierung verglichen und es wird festgestellt, dass es sich nicht geändert hat. Dies sei - so die Zeitung - in dieser unglaublich schnellen Welt schrecklich wenig. Zemans Regierung gelang es nicht, Geld für die Entwicklung des Schulwesens zu sparen, und ihre Erfolge im Kampf gegen die Wirtschaftskriminalität sind fragwürdig, zählt der Kommentator die Resultate der Regierung auf. Er räumt jedoch ein, dass die Wirtschaft in den letzten zwei Jahren gewachsen ist. Seit 1998 stieg aber auch die Arbeitslosigkeit an. Zeman war erfolgreich, was die Beitrittsgespräche mit der EU anbelangt, die Bemühungen seines Teams vernichtete er jedoch mit seinen hasserfüllten Angriffen gegen tschechische Deutsche, hieß es im Kommentar der "Mlada fronta Dnes". (fp)