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Das verkannteste Kleidungsstück der Welt

27. Februar 2004

Socken haben einen undankbaren Job. Sie müssen wärmen, Schuhe polstern, Schweiß aufsaugen. Dafür tritt der Mensch sie mit Füßen. Oft beschimpft er sie gar: Faule Socke! Ein Student setzt der Socke jetzt ein Denkmal.

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Von den Socken:<br> Diplomand Boris GrunwaldBild: dpa

Die Socke ist nicht nur der Strumpfhose gegenüber zu kurz gekommen. "Auch gegenüber der Obergarderobe und in der menschlichen Gesellschaft überhaupt fristet die Socke ein Mauerblümchendasein", sagt Sockenexperte Boris Grunwald. Der Student an der Fachhochschule Münster hat seine Examensarbeit über das verkannte Kleidungsstück geschrieben.

Die kleine Kulturgeschichte der Socke geht unter anderem einem der "größten Welträtsel" der Menschheit nach: dem mysteriösen Sockenverschwinden. Die Angelsachsen bezeichnen es als "single socks phenomenon" und Japaner als "ruzu sokusu". International stößt Socken während des Waschvorgangs seltsames zu. Ihre Frauchen und Herrchen können beim anschließenden Sortieren nur noch die hinterbliebene Zweitsocke bergen. Nach Grunwalds "bis auf ein Tausendstel genauen Berechnungen" werden 98 Prozent der später spurlos verschwindenden Socken beim Befüllen der Waschmaschinentrommel zuletzt gesehen.

Vereinsamte Socken

Dann verliert sich ihre Spur. "Trotz aller Anstrengungungen" konnte Grunwald nur "unscharf" klären, auf welchem Wege das Söckchen letztlich verschwindet - um später an ganz anderer Stelle wieder aufzutauchen. Oder eben nie wieder. Für diesen Fall hat Grunwald den praktischen Rat: "Damit die hinterbliebenen Single-Socken nicht vereinsamen, sollten sie einfach kombiniert werden."

Es wäre unmenschlich und verschwenderisch, eine Socke einfach in den Müll zu schmeißen, nur weil die passende Zweitsocke fehle. Die Menschen machten ohnehin schon genug Socken den Garaus. "Der Mensch trägt fast lebenslänglich Socken - als Schlafsocken selbst im Bett", berichtet Grunwald. Dabei beansprucht der Mensch die Socke über alle Maßen: "Tatsache ist, dass der Mensch in seinem Leben durchschnittlich 150 Millionen Schritte macht und auf diese Weise 100.000 Kilometer zurücklegt." Was Hunderte von schützenden Söckchen das Leben koste. "Von der Hausfrau, die täglich sieben Kilometer rennt, und vom Fußballer zu schweigen, der den Ball blitzschnell von 0 auf 100 schießt.", so Grunwald.

Mehr Aufmerksamkeit für die Socke!

Grunwalds Lösungsansatz, um dem Mythos Socke besser gerecht zu werden, heißt "Mehr Aufmerksamkeit!" - auch an der Waschmaschine. Albert Einsteins erkenntnistheoretische Kritik "Socken schaffen nur Löcher" findet Grunwald jedenfalls unangemessen.

Seine Professoren Andrea Rauschenbach und Robert Ward sollen von dem Thema der Diplomarbeit ganz schön von den Socken gewesen sein. "Sie fanden es aber prima", sagt Grunwald. Sie bewerten den Designer dabei nicht nach der streng wissenschaftlichen Ausbeute seiner Untersuchung. Die Professoren legen vielmehr ihr Augenmerk auf die Illustrationen: Durchweg vermenschlichte Söckchen mit Augen und Händen. (dp)