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Das Wahljahr wirft seine Schatten voraus

29. Dezember 2001

Am 22. September finden die nächsten Bundestagwahlen statt. Bundeskanzler Gerhard Schröder persönlich könnte sich eigentlich beruhigt zurücklehnen. Doch seiner Koalition steht ein schweres Jahr bevor.

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2002 im Blick: Gerhard SchröderBild: AP

Sechs von zehn Bundesbürgern würden Schröder direkt wählen und sind demzufolge zufrieden mit seiner Amtsführung. Das hat das Umfrage-Institut 'Infratest dimap' ermittelt. Und eine Mehrheit der Deutschen ist heute sogar - laut einer anderen Umfrage - vom Sieg Schröders bei den Wahlen im September überzeugt.

Das Bündnis aus Sozialdemokraten und Grünen erhält gleichwohl zum Jahreswechsel bei den Befragten keine Mehrheit, so wiederum die Bilanz der Meinungsforscher in Allensbach. Sie haben ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der Regierung und den bürgerlichen Oppositionsparteien ausgemacht.

Ungelöste Probleme

Nur neun Monate vor der Bundestagswahl sieht nämlich die Bilanz von Rot-Grün nicht gut aus: Flaue Konjunktur, steigende Arbeitslosenzahlen und Reformstau im Gesundheitswesen; die Zuwanderung und die Bildungspolitik - das sind die Themen, die als Probleme auf der Tagesordnung bleiben. Die sprichwörtliche "Politik der ruhigen Hand" aber schafft nicht mehr Vertrauen in die Lösungskompetenz der Regierung - und schon wächst die Unzufriedenheit in der Bevölkerung: Eine Mehrheit von Befragten ist pessimistisch und glaubt, dass die Wirtschaft sich im Wahljahr 2002 NICHT erholen wird. Gerhard Schröder und sein Kabinett haben also sehr wohl Anlass zur Beunruhigung.

Hinzu kommt das chronische Schwächeln des kleineren Koalitionspartners: Die Grünen konnten sich in den Augen ihrer frustrierten Anhängerschaft in der Regierung nicht ausreichend profilieren, sie verlieren kontinuierlich an Unterstützung. Allen offiziellen Treue-Schwüren zum Trotz könnte man sich daher bei der SPD nach anderen Optionen umsehen: Die Liberalen bieten sich an. Der Parteivorsitzende Guido Westerwelle steht schon längst in den Startlöchern, zuversichtlich verkündet er in diesen Wochen landauf landab seine Prognose: Im September 2002 werde er auf jeden Fall Vorsitzender einer Regierungspartei sein.

Die Union und die K-Frage

Sehr viel früher im Wahljahr werden die Oppositionsparteien CDU und CSU auch ihr Hauptproblem gelöst haben müssen: die leidige Kanzlerkandidaten-Frage, die Frage also, wer Herausforderer von Gerhard Schröder wird - die christdemokratische Kandidatin Angela Merkel oder der christsoziale Aspirant Edmund Stoiber. Beide wollen antreten, schon ist die Rede von einem Machtkampf.

Offiziell hat man sich darauf geeinigt, Anfang des Jahres einen gemeinsamen Vorschlag zu unterbreiten - man munkelt unterdessen, schon bis zum 20. Januar werde die Entscheidung gefällt sein. Viele in den Unionsparteien räumen Stoiber die größeren Siegeschancen ein, und manche bemühen sich mehr oder minder diskret und mehr oder minder fair darum, Merkel zum Verzicht auf eine Kandidatur zu bewegen. Diese wiederum hat ihren Anspruch auf die Kanzlerkandidatur zum Jahreswechsel nochmals unterstrichen mit den Worten: "Ich möchte am Ende des Jahres 2001 nicht am Ende meines politischen Weges sein."

Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern

Auch in zwei Bundesländern werden Wählerinnen und Wähler zur Urne gebeten: zunächst am 21. April in Sachsen-Anhalt. Dort regiert die SPD, toleriert von der PDS. Das aber soll sich ändern, denn die Post-Sozialisten haben klar gemacht, dass sie nun in dem Bundesland mit den schlechtesten wirtschaftlichen Daten richtig mitregieren wollen - das wäre dann nach Berlin und Mecklenburg-Vorpommern das dritte rot-rote Bündnis auf Länderebene. Doch die CDU macht angesichts der wirtschaftlichen Krise des Landes Boden gut. Die Liberalen, die in keinem ostdeutschen Landtag mehr vertreten sind, wollen in Sachsen-Anhalt die Trendwende schaffen. Spannend wird auch die Frage, ob es der Partei des Rechtspopulisten Ronald Schill gelingen wird, auch hier genügend Protestpotential zu mobilisieren - sie tritt erstmals nach ihrem Hamburger Wahlerfolg in einem anderen Bundesland an.

Zeitgleich mit der Bundestagswahl am 22. September wird auch in Mecklenburg-Vorpommern gewählt: Hier regiert bereits ein rot-rotes Bündnis - und das soll nach dem Willen des Regierungsbündnisses auch fortgesetzt werden. Schlechte wirtschaftliche Bedingungen, steigende Arbeitslosigkeit und Affären sorgen aber für Irritationen und sinkende Zustimmung bei den Umfragen.

Cornelia Rabitz