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Datenbrille: wohl erst in fünf Jahren marktreif

Tobias Oelmaier8. März 2013

Der Internetkonzern Google sucht nach Testern für sein "project glass". Das Potential der Brille soll groß sein. Doch DW-Computerexperte Jörg Brunsmann meint, dass es noch einige Hardware-Probleme gibt.

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Eine Hand hält die Google Glass Datenbrille (Bild: Google)
Bild: REUTERS/Google/Handout

DW: Der Internet-Konzern Google will noch in diesem Jahr eine Datenbrille auf den Markt bringen. Jetzt probieren ausgwählte Tester einen Prototypen dieser Brille aus. Was kann die Brille denn alles?

Jörg Brunsmann: Sie soll das Internet viel stärker als bisher in unseren Alltag integrieren. Über einen kleinen, transparenten Bildschirm in der Brille bekomme ich Informationen eingeblendet, kann aber durchgucken. Das ganze geht in Richtung "Augmented Reality", also erweiterte Realität. Die Brille liefert mir Informationen zu Dingen, die ich gerade sehe oder die ich wissen möchte. Eine Vorstellung von Google ist es, zum Beispiel die Navigation zu integrieren, also Straßenschilder und Fahrtrichtungen einzublenden.

Beim Einkauf gibt es schon jetzt die Möglichkeit, Strichcodes von Produkten in das Smartphone einzuscannen, um zusätzliche Informationen zu erlangen. Das soll mit dieser Datenbrille noch viel einfacher gehen. Ich brauche nur auf diesen Strichcode zu gucken, und die Brille per Sprachsteuerung aufzufordern, mit den Preis zu nennen, und schon bekomme ich das auf der Brille angezeigt. Ich muss kein Smartphone aus der Tasche holen, muss nicht erst filmen oder scannen. Die Integration von Informationen aus dem Netz in den Alltag soll viel direkter sein.

Im Supermarkt mag das ja funktionieren. Aber wie ist das im Straßenverkehr. Irritieren all die Informationen auf dem Bildschirm nicht?

Es gibt schon lange, zum Beispiel bei Autobauern, den Ansatz, ein Head-up-Display zu machen. Das heißt, ich muss nicht mehr wie heute den Blick vom Tacho auf die Straße und umgekehrt richten. Die Informationen werden in meinen Blickbereich eingeblendet. Bei der Brille ist es ganz ähnlich, weil ich den Monitor direkt vor den Augen habe. Wenn ich etwas aus diesem Bereich sehen will, stelle ich meine Augen kurz auf diese Entfernung scharf, was nicht großartig irritiert.

#video#Das Projekt wird vorab schon überall als Revolution gefeiert. Ist es das tatsächlich?

Es ist konsequent. Es geht konsequent den Weg weiter, die Bedienung von Computern zu revolutionieren. Am Anfang waren Computer Maschinen für Experten, die per Lochkarten oder Lochstreifen bedient wurden.

Dann haben wir viele Zwischenstufen erlebt: Natürlich auch den normalen PC, der mit Maus und Tastatur bedient wird, in den wir uns reindenken müssen. Man konnte mit diesen Geräten noch nicht reden, wie man es mit der Datenbrille können wird. Wenn man der sagt: "Glass, nimm ein Foto auf!", wird sie das tun. Die Datenbrille soll mit uns kommunizieren. Ich rede mit der Brille, sie gibt mir Informationen optisch und akustisch weiter.

Wie wird die Datenbrille aussehen?

Es gibt diverse Modelle, aber sicher ist hier noch nichts. Jetzt geht es in die Phase, in der Google Prototypen verschicken will. Das Unternehmen erlebt gerade einen Riesenansturm, Google hat eine Webseite gestaltet, auf der man angeben kann, was man machen würde, wenn man eine solche Brille bekäme. Der Witz an der Sache: Es ist nicht umsonst für die Tester. Die Leute sollen mehr als 1500 Dollar (ca. 1150 Euro) für diesen Prototypen bezahlen, von dem man nicht weiß, inwieweit er sich bis zur Markteinführung Ende 2013 oder gar 2014 noch verändern wird.

Der Schlüssel wird in der Hardware stecken. Denn eine entscheidende Frage wird das Gewicht sein, wenn man diese Brille den ganzen Tag trägt. Ein normales Smartphone wiegt 100 bis 150 Gramm. Zwar ist das Display in der Brille kleiner, aber es muss auch ein Akku verbaut werden, den man natürlich nicht alle ein oder zwei Stunden aufladen möchte. Das heißt, es ist entscheidend, wie diese Hardware gestaltet ist, wie leicht sie ist und wie gut sie zu bedienen ist, wie gut auch die Verbindung zum Internet gehalten werden kann. Ob das alles oben am Kopf in kompakter Bauform auch in geschlossenen Gebäuden funktioniert, wird man abwarten müssen. Nach meiner Einschätzung wird es noch fünf oder sechs Jahre dauern, bis Google es schafft, die Datenbrille in einem entsprechenden Design mit echt alltagstauglicher Hardware zu bauen.

Tobias Oelmaier im Gespräch mit Jörg Brunsmann (Bild:dw)
Tobias Oelmaier im Gespräch mit Jörg BrunsmannBild: DW / Christel Becker-Rau