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Datenklau bei CO2

3. Februar 2010

Der Handel mit Kohlendioxid-Rechten ist Ziel eines großangelegten Computer-Diebstahls geworden. Internet-Betrüger erbeuteten Nutzerdaten und verkauften gestohlene Verschmutzungsrechte weiter.

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Industrieanlage in Niedersachsen (Foto: dpa)
Emissionen - Industrieanlage in Niedersachsen (Archivbild)Bild: picture-alliance/ dpa

"Das war eine weltweite Aktion", sagte der Chef der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt), Hans-Jürgen Nantke, am Mittwoch (03.02.2010) in Berlin. So seien nicht nur Firmen in Deutschland, sondern offenbar in allen 27 EU-Staaten attackiert worden, die an dem Handel teilnähmen. Darüber hinaus seien aber auch Australien, Norwegen und Neuseeland Ziele gewesen.

Drei Millionen Euro erbeutet

Nach Angaben des Umweltbundesamtes (UBA) und der ihr unterstellten DEHSt erbeuteten die Internetkriminellen allein in Deutschland rund drei Millionen Euro. Wie hoch der Schaden europa- und weltweit ist, ist nicht bekannt.

Schild Dienstsitz des Bundesumweltamtes in Dessau (Foto: dpa)
Dienstsitz des Bundesumweltamtes in DessauBild: picture-alliance/ZB

Wie Nantke weiter mitteilte, haben die Betrüger in der vergangenen Woche sogenannte Phishing-Mails verschickt. Darin forderten sie Unternehmen vorgeblich im Namen der DEHSt dazu auf, aus "Sicherheitsgründen" ihre Zugangsdaten für die Rechte-Konten anzugeben. Bekannt geworden ist das "Phishing" als Methode von Kriminellen, Daten von Kunden des Online-Banking zu ergaunern.

250.000 Zertifikate geklaut

Sieben der 2000 Kunden des deutschen Handelssystems mit Kohlendioxid-Zertifikaten fielen auf die Betrüger herein. Innerhalb kurzer Zeit hätten diese mit den Daten der Geschädigten rund 250.000 CO2-Zertifikate im Wert von drei Millionen Euro von deren Konten gestohlen und auf ihr Konto nach Dänemark überwiesen, berichtete Nantke. Von dort seien die Verschmutzungsrechte über weitere Konten geleitet und dann an Emissionshändler weiterverkauft worden. Die neuen Besitzer gehen wahrscheinlich davon aus, dass sie die Rechte legal erworben haben. Eine Rückgabepflicht für die unberechtigt erworbenen Emissionen wird geprüft.

Handelsraum der Energiebörse EEX in Leipzig (Foto: dpa)
Handelsraum der Energiebörse EEX in Leipzig (Archivbild)Bild: dpa

Der Datendiebstahl brachte den Emissionshandel in halb Europa ins Stocken. Betroffen waren nach Angaben des Chefs der europäischen CO2-Börse Bluenext, Serge Harry, Registrierbehörden in 13 europäischen Ländern. Der Handel mit CO2-Zertifikaten über die Leipziger Energiebörse EEX ist nicht gefährdet, wie es hieß.

Instrument des Umweltschutzes

Der sogenannte Emisionshandel ist das entscheidende Instrument der EU und anderer Staaten, um den Ausstoß von klimaschädlichen Kohlendioxid zu reduzieren. Industrieunternehmen bekommen eine bestimmte Menge an CO2-Verschmutzungsrechten teilweise kostenlos zugeteilt. Wer aufgrund einer höheren Produktion mehr CO2-Emissionsrechte benötigt, kann sie von anderen Marktteilnehmern, die sie – etwa wegen besonders umweltfreundlicher Produktion - nicht benötigen, erwerben oder ersteigern.

Grundlage für das EU-Emissionshandelssystem ist das Kyoto-Protokoll zum Klimaschutz von 1997. Erfasst werden energieintensive Industrien - wie etwa Stromanbieter, Stahlwerke und Anlagen der Zement- oder Papierindustrie. Deutschlandweit sind das etwa 1665 Anlagen, die in diesem Jahr höchstens 452 Millionen Tonnen CO2 ausstoßen dürfen. Davon mussten 41 Millionen Tonnen ersteigert werden.

Autor: Michael Wehling (dpa/afp/rtr)

Redaktion: Walter Lausch