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Einigung nicht in Sicht

Daniel Pelz26. Juli 2012

Der Countdown läuft: Bis zum 2. August müssen sich Sudan und Südsudan einigen, wie sie ihren Dauerstreit beilegen. Öl, der Grenzverlauf und der Status der Region Abyei sind umstritten. Die Lage ist angespannt.

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Südsudans Unternändler Pagan Amum (l.) sitzt beio den Verhandlungen neben dem sudanesischen Verteidigungsminister Abdel-Rahim Mohamed Hussein (mitte) und Regierungssprecher Omer Dahab (r.). Archiv. Foto: AFP
Bild: Getty Images/AFP

In einem sind sich die meisten Experten einig: Am 2. August wird ein Abkommen zwischen Nord- und Südsudan stehen. Nicht zum ersten Mal haben internationale Vermittler beiden Seiten ein Ultimatum gesetzt, um Streitfragen zu lösen. Die Erfahrungen der Vergangenheit machen Experten aber klug - und vorsichtig: "Wenn beide Seite in der Vergangenheit einen Vertrag zu einer bestimmten Frist unterschreiben mussten, stand darin, dass die Detailfragen und die Umsetzung später noch festgelegt werden müssten. Es war also de facto keine Einigung erzielt worden", sagt Douglas Johnson, Buchautor und Sudan-Experte, im DW-Interview. Entsprechend skeptisch ist er, dass am 2. August ein tragfähiges Abkommen stehen wird.

Zumal die Streitfragen seit Jahren nicht geklärt werden konnten. Ob Grenzverlauf, Verteilung der Öleinnahmen oder der Status der umstrittenen Region Abyei: Bereits vor der Unabhängigkeit des Südsudan im Juli 2011 hatten Verhandlungen darüber begonnen - ohne Ergebnis. Auch die aktuelle Verhandlungsrunde läuft schon seit einem Jahr.

Bewegung beim Öl

Bewegung gibt es erst seit einigen Tagen. Fast 7,50 Euro pro Barrel Öl will die Regierung in Juba überweisen. Ursprünglich wollte der Süden nur 55 Eurocent pro Barrel für die Leitung des Öls über den Norden, wo die Pipelines und der Hafen liegen, zahlen - der Norden verlangte dagegen 28 Euro. Zudem ist der Süden bereit, den Norden mit knapp 25 Millionen Euro zu entschädigen, für die Einstellung der Ölproduktion Anfang des Jahres.

Eine Mitarbeiterin von Ärzte ohne Grenzen behandelt ein Kind, das mit seiner Mutter aus dem Sudan geflohen ist. Foto: Hereward Holland
Hunderttausende leiden unter den Kämpfen in den Bundesstaaten Südkordofan und Blauer Nil.Bild: Hereward Holland

Die Regierung im Südsudan ist an einer schnellen Lösung interessiert. Sie braucht die Öleinnahmen dringend: 90 Prozent des Staatshaushaltes im Südsudan bestehen aus Einnahmen aus dem Ölgeschäft. Zudem schlägt die Regierung in Juba ein Referendum für die umstrittene Region Abyei und einen internationalen Vermittlungsprozess in den umstrittenen Regionen an der Grenze vor, die sowohl Nord- als auch Südsudan für sich beanspruchen.

Doch der Norden reagierte bisher skeptisch. "Bevor wir über das Öl reden, brauchen wir erstmal eine Übereinstimmung über die Sicherheit an der Grenze", sagt der stellvertretende Botschafter des Sudan in Deutschland, Khalid Musa Dafalla, der DW. Der Hintergrund: Der Sudan beschuldigt den Süden, Rebellen in den grenznahen Provinzen Südkordofan und Blauer Nil zu unterstützen.

"Moralische Verpflichtung" Jubas

Die Bundesstaaaten Südkordofan und Blauer Nil wurden im Vertrag von 2005 dem Norden zugeschlagen. Kulturell und geschichtlich rechnen sich die Bewohner aber dem Süden zu. Die dort kämpfenden Rebellen gehörten zu den Rebellen der Sudanesischen Volksbefreiungsfront (SPLA), die heute das Gros der Regierung im Südsudan stellt. "Die Regierung im Süden fühlt daher eine moralische Verantwortung, die Rebellen zu unterstützen", sagt Douglas Johnson. Dass sie die Unterstützung einstellt, scheint fraglich. Dies gefährdet aber eine mögliche Einigung.

Eine Karte des Sudan und des Südsudan. DW-Grafik
Um die Region Abyei streiten sich der Sudan und der Südsudan.

Die haben die Bewohner des Grenzgebietes allerdings längst gefunden. Während die Politiker streiten, kommen die Menschen in den meisten Grenzregionen gut miteinander aus. Seit Jahrhunderten leben sie hier friedlich zusammen. Bis zur Unabhängigkeit des Südens war die heutige Staats- nur eine Verwaltungsgrenze. "Es gibt Nordsudanesen, die unter Lebensgefahr die Grenze überqueren und Güter in den Süden zu bringen. Die Menschen versuchen, ihr normales Leben weiterzuführen", sagt Luka Biong Deng Kuol. Der frühere Minister aus dem Südsudan ist Leiter der Hilfsorganisation Kush, die im Grenzgebiet arbeitet.

Kein neuer Krieg in Sicht

Doch der politische Konflikt gefährdet immer häufiger ihr Leben: Am Freitag (20.07.2012) warfen nach Medienberichten sudanesische Flugzeuge Bomben im südsudanesischen Bundesstaat Bahr el Ghazal ab. Douglas Johnson glaubt, dass solche Zwischenfälle auch nach dem 2. August weiterhin vorkommen werden. Doch immerhin: "Ich glaube nicht, dass auf beiden Seiten die Lust sehr groß ist, einen Krieg zu beginnen. Aber im Moment sehe ich auch nicht, dass es in den Grenzgebieten einen dauerhaften Frieden geben wird."