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Dazu: Sind beide Elternteile wichtig für die Entwicklung des Kindes?

Hemma Jäger23. April 2012

Sind beide Elternteile wichtig für die Entwicklung des Kindes? Zu Gast im Studio ist Prof. Anna Katharina Braun. Sie ist Verhaltensbiologin an Universität Magdeburg und beschäftigt sich mit der Entwicklung der Gehirne von Kindern.

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DW: Anna Katharina Braun ist Verhaltensbiologin und Professorin an der Universität Magdeburg. Wenn Mutter und Vater entscheidend für die Entwicklung eines Kindes sind, warum hat sich die Forschung jahrzehntelang nur auf die Mutter konzentriert?

Anna Katharina Braun: Aus historischen Gründen wurde die Mutter bisher immer als zentrale Bezugperson für ihre Kinder betrachtet. Väter standen oft nicht zur Verfügung, beispielsweise in Kriegszeiten. Der Vater hatte mehr die Rolle des Ernährers. Das hat sich jetzt gewandelt, auch in unserer Gesellschaft. Väter bringen sich mehr ein und deswegen ist es überfällig, dass man die Väter auch mal genauer unter die Lupe nimmt.

Welche Auskunft geben Ihre Forschungen darüber, welchen Einfluss der Vater konkret auf bestimmte Verhaltensweisen beim Kind hat?

Das haben wir auf der Verhaltensebene am Tiermodell noch nicht so exakt untersucht. Wir haben uns auf das Gehirn fokussiert. Das heißt, dass die Tiere, die ohne Vater aufwachsen, offensichtlich einen Mangel an dopaminergen Fasernin bestimmten Hirnzentren aufweisen. Dopamin als Glücksstoff des Gehirns scheint sich dort entweder verzögert oder gar nicht voll auszubilden. Wir vermuten, dass diese Tiere dann auch emotional nicht voll ausreifen.

Wenn Ihr Modell stimmt, ist es dann so, dass die Kinder, die ohne Vater aufwachsen und später Verhaltens- und Lehrdefizite aufweisen, diese sie ein Leben lang begleiten?

Das wäre die Vermutung. Da gibt es ja auch Hinweise beim Menschen. Gerade Kinder aus zerrütteten Familien zeigen sehr starke Lernprobleme und auch emotionale Probleme, die meistens auch sehr schwer wieder korrigierbar sind, sodass wir das jetzt auch am Tiermodell untersuchen wollen - insbesondere die Frage, ob sich diese Verhaltensstörungen im Gehirn abbilden, bzw. die gehirnbiologischen Veränderungen auch die Ursache dieser Verhaltensstörungen sind.

Wenn wir mal nicht die klassische Familie oder die als klassisch bezeichnete Familie haben, Vater-Mutter-Kind, sondern zum Beispiel zwei Mütter oder zwei Väter oder nur einen Elternteil, haben diese Kinder von vorne herein verloren?

Das ist eine spannende Frage, die wir jetzt erst anfangen zu untersuchen. Das heißt, wir versuchen jetzt am Tiermodell und auch beim Menschen mit der Kollegin Frau Professor Feldmann an der Bar-Ilan Universität in Israel herauszufinden, ob zum Beispiel zwei Mütter, oder Mutter und Tante, oder männliche gleichgeschlechtliche Paare eine ähnlich positive Umgebung schaffen für ihre Kinder, wie eine zweigeschlechtliche Familie.

Das ist also eine nächste Stufe, die Sie erforschen. Aber wie können denn ihre jetzigen Forschungsergebnisse schon genutzt werden?

Wir wollen versuchen, heraus zu bekommen, was sich im Gehirn verändert, was sich von der hormonellen Seite her verändert. Und die Idee ist, dass in Familien, wo die Harmonie zwischen den Eltern und den Kindern nicht optimal ist, dass wir da therapeutisch längerfristig vielleicht besser eingreifen können.

Vielen Dank Professor Braun für diese Informationen.

(Interview: Maria Grunwald)