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Politik

"Deutschland gibt uns keine echte Chance"

18. Oktober 2017

Wie blicken geflüchtete Journalisten auf ihr neues Leben in Deutschland? In der DW-Videoserie "Dear Germany" berichtet ein Journalist aus Pakistan, wie sehr ihn das Leben in der Warteschleife zermürbt.

https://p.dw.com/p/2lP61
Videoserie Dear Germany K.
Bild: Springer/DW

"Deutschland gibt uns keine echte Chance"

Fünf Journalisten aus Syrien, Uganda, Afghanistan, Pakistan und Aserbaidschan haben sich auf das Projekt "Dear Germany"  eingelassen. Die Deutsche Welle wollte wissen: Wie ergeht es ihnen - ein, zwei oder eben acht Jahre nach ihrer Flucht? Wie denken sie über ihre neue Heimat? Was frustriert sie, worauf hoffen sie? Was wäre, wenn sie einfach mal alles aufschreiben könnten, einen Brief an Deutschland verfassen? Die Idee von "Dear Germany" war geboren.

Gemeinsam mit der DW schrieb jeder Teilnehmer einen offenen Brief an Deutschland. So unterschiedlich wie die Lebensläufe der geflüchteten Journalisten, so unterschiedlich fielen auch die Videobotschaften bei "Dear Germany" aus.

"Das macht mich verrückt"

K., ein Journalist aus Pakistan, will unerkannt bleiben. Zu groß ist seine Angst, dass der Familie in seiner Heimat etwas zustoßen könnte. Außerdem fürchtet er, sich mit bestimmten Aussagen seine Chancen auf Asyl zu verspielen. Sein Asylantrag wurde zunächst abgelehnt, er befindet sich im Klageverfahren - unterstützt von der Organisation "Reporter ohne Grenzen".

In seiner Heimat schrieb er für namhafte internationale Medien, doch der Druck der Taliban nahm immer weiter zu. "Regelmäßig erhielt ich Todesdrohungen." K. floh schließlich vor drei Jahren nach Deutschland, doch gut geht es ihm hier nicht. "Es ist diese zermürbende Kombination aus Warten und der  Ungewissheit, ob ich in diesem Land bleiben darf oder nicht. Das macht mich verrückt."

Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, arbeitet er in einer süddeutschen Kleinstadt in einem Fastfood-Restaurant. Journalismus betreibt er nur noch gelegentlich, etwa für das Refugee Radio in Stuttgart. Auch für die Lokalseiten einer Regional-Zeitung konnte er schon Artikel verfassen. Doch es ist zu wenig. "Ich habe das Gefühl, dass ich meine Fähigkeiten verliere." Für ihn ist die Flucht und sein neues Leben in Deutschland auch ein sozialer Abstieg."In Pakistan war ich ein einflussreicher Autor. Für diesen Job habe ich alles riskiert." Seine Botschaft an Deutschland: "Wir bekommen keine richtige Chance."

Bedroht vom Militär 

Laut der Organisation "Reporter ohne Grenzen" gibt es in Pakistan zwar noch eine große Medienvielfalt. Der Druck auf kritische Journalisten ist dennoch hoch. Sie müssen damit rechnen, bedroht und misshandelt zu werden -  vom Militär, Geheimdienstmitarbeitern oder militanten Gruppen. Vor allem Berichterstattung über Menschenrechtsverletzungen wird geahndet. 

Die gefährlichsten Länder für Journalisten sind nach wie vor Syrien, Afghanistan, Mexiko, der Irak und der Jemen. "Reporter ohne Grenzen" zählte für das vergangene Jahr insgesamt 74 Morde an Medienschaffenden, 53 wurden gezielt wegen ihrer Arbeit getötet. Andere starben während eines Einsatzes. Doch auch aus Ländern wie Aserbaidschan und der Türkei müssen zunehmend immer mehr Journalisten fliehen, sagt Jens-Uwe Thomas von "Reporter ohne Grenzen". Nach ihrer Flucht nach Deutschland müssen sie ganz von vorne anfangen - und sich oftmals zunächst von ihrem Traumberuf verabschieden. Der Prestigeverlust wiegt schwer. "Das ist sicherlich frustrierend", sagt Thomas. 


 

Dear Germany | Fünfteilige Video-Serie
Realisation und Konzept: Madelaine Meier
Kamera und Schnitt: Madmo Cem Adam Springer
Redaktion: Verica Spasovska

 

Stephanie Höppner Autorin und Redakteurin für Politik und Gesellschaft