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Debatte um Mindestlohn und Hartz-IV

2. Januar 2015

Zehn Jahre Hartz-IV sind genug, sagt die Linke. Weniger Sanktionen fordern der Chef der Bundesagentur für Arbeit und die SPD. Und aus der Forschung kommt ebenfalls Kritik – auch am neuen Mindestlohn.

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Eingang in ein Jobcenter (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Pünktlich zum zehnten Jahrestag ihres Inkrafttretens ist eine Debatte um die Hartz-IV-Gesetze entbrannt. So sprach sich der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, für eine Lockerung der Sanktionen gegen säumige Hartz-IV-Empfänger aus. Nicht jeder Verstoß gegen Pflichten geschehe aus Vorsatz, sagte Weise im Magazin "Focus". Insgesamt bewertete der BA-Chef die Hartz-IV-Gesetze positiv, kritisierte aber den hohen Verwaltungsaufwand und die komplizierten rechtlichen Regelungen als Kehrseite des Regelwerks.

Hartz-IV-Streit blockiert Verwaltungsabbau

Über die Sanktionsmöglichkeiten für Hartz-IV-Empfänger herrscht auch in der Regierungskoalition in Berlin Uneinigkeit. So schlägt Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) vor, die schärferen Sanktionen für Jugendliche abzuschaffen und sie denen für Erwachsene anzugleichen. Das lehnt die Union bisher ab. Der Streit verhindert bereits seit einiger Zeit, dass Verwaltungserleichterungen in Kraft treten können, auf die sich eine Arbeitsgruppe bereits weitgehend verständigt hatte.

Fordern aber kein Fördern

Die Arbeitsmarkt-Expertin der Bundestagsfraktion der Grünen, Brigitte Pothmer, kritisierte, dass es zwar viele Forderungen an die Arbeitssuchenden gebe, aber die Politik ihre Versprechen auf mehr Unterstützung hingegen nicht eingelöst habe. Hartz IV habe das Land polarisiert wie kaum eine andere politische Reform, erklärte Pothmer.

Kritik am "Suppenküchen-Staat"

Deutliche Kritik am gesamten Regelwerk kommt von der Linkspartei. Deren Vorsitzende Katja Kipping sagte, das Hartz IV-Gesetz sei kein Job-Motor, sondern ein Motor der sozialen Spaltung. Mittlerweile sei eine regelrechte "Hartz-IV-Welt" entstanden, ein "Fürsorge-Almosen-und-Suppenküchen-Staat", in dem Menschen in eine geduckte Bittstellerhaltung gezwungen würden, so Kipping. Die Linken-Chefin erklärte, die Zahl der Vollzeitstellen sei durch die Regeln nicht gestiegen. Stattdessen hätten sie vor allem dazu geführt, dass der Niedriglohnsektor ausgebaut worden sei.

Zu viele Schlupflöcher beim Mindestlohn?

Und weil die niedrigen Löhne aufgestockt würden, werde Lohndumping auch noch mit Steuergeldern unterstützt, sagte Kipping im ARD-Morgenmagazin. Daran ändere auch der seit Jahresbeginn geltende Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde nichts. Dass Jugendliche und Langzeitarbeitslose vom Mindestlohn ausgenommen seien, biete Arbeitgebern Schlupflöcher, um Arbeitskräfte auszubeuten.

Kiosk "Hartz IV Ecke" in Duisburg (Foto: dpa)
Die "Hartz IV Ecke" im "Suppenküchenstaat" - kaum ein anderes Gesetz hat so viele Negativ-Begriffe hervorgebrachtBild: picture-alliance/dpa

Auch nach Ansicht des Kölner Sozialwissenschaftlers Christoph Butterwege schützt der Mindestlohn nicht vor der Armut. Er befürchtet einen "Drehtüreffekt" bei Langzeitarbeitslosen, weil sie ein halbes Jahr vom Mindestlohn ausgenommen seien. Dadurch könnten Unternehmen ihnen nach sechs Monaten kündigen und einen neuen Arbeitslosen einstellen.

cw/ml (dpa, afp, epd)