1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Demo erinnert an NSU-Opfer

13. April 2013

In München haben Tausende Demonstranten an die zehn Mordopfer des NSU erinnert. In der bayerischen Landeshauptstadt beginnt am Mittwoch der Prozess gegen die rechtsextreme Terrorzelle.

https://p.dw.com/p/18FVm
Demonstranten halten Transparent mit der Aufschrift "Nazis morden - der Staat lädt nach" (Foto: Getty Images)
Anti NSU Demonstration MünchenBild: Getty Images

Wenige Tage vor Beginn des NSU-Prozesses haben am Samstag mehrere tausend Menschen in der Münchner Innenstadt gegen Rechtsextremismus demonstriert. Die Kundgebung, zu der ein Bündnis aus mehreren Dutzend linksgerichteten Gruppen aufgerufen hatte, sollte an die Opfer des rechtsterroristischen "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) erinnern.

Die Veranstalter sprachen von bis zu 10.000 Teilnehmern. Ein Polizeisprecher bezifferte die Zahl auf rund 5500. Etwa 800 bis 900 Demonstranten seien dem linksextremen Schwarzen Block zuzurechnen. Demonstrationszug und anschließendeKundgebung seien friedlich verlaufen, bestätigten Polizei und Organisatoren übereinstimmend.

Der Protestzug ging über eine gut sechs Kilometer lange Strecke an ehemaligen NS-Bauten am Königsplatz und am Mahnmal für das Oktoberfestattentat von 1980 vorbei. Ein ehemaliger Anhänger der rechtsextremen "Wehrsportgruppe Hoffmann" hatte damals 13 Menschen ermordet - bis heute gibt es Zweifel, ob er ein Einzeltäter war. "Wir dürfen den Neonazis in dieser Stadt keinen Fußbreit überlassen", sagte die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano in einer Grußbotschaft.

Erinnerung an die Opfer des NSU-Terrors

Entscheidung im Platzvergabe-Streit

Der Prozess gegen Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer des NSU beginnt am Mittwoch. Vorher muss das Oberlandesgericht (OLG) Sitzplätze für türkische Medien bereitstellen. Das hat das Bundesverfassungsgericht dem Senatsvorsitzenden Manfred Götzl nach einer Beschwerde der türkischen Zeitung "Sabah" aufgegeben. Das OLG hatte die 50 festen Presseplätze nach dem Eingang der Gesuche vergeben - dabei gingen türkische Medien leer aus. Die Bundesregierung und Politiker aller Parteien begrüßten den Karlsruher Beschluss.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte "Spiegel Online": "Ich bin sehr erleichtert über die Karlsruher Entscheidung." Vize-Kanzler Philipp Rösler (FDP), der gerade in der Türkei war, sagte, dort sei überall Betroffenheit über die NSU-Mordserie zu spüren. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger": "Der Justizskandal ist damit abgewendet. Das war bitter nötig."

Immer noch fassungslos

Auf das Konto des NSU gehen laut Anklage zehn Morde an acht Geschäftsleuten türkischer Herkunft, einem Griechen und einer Polizistin. Die Witwe des 2005 in München ermordeten Griechen Theodoros Boulgarides sagte bei der Demonstration, ihre Familie habe unter Schock gestanden - zuerst wegen des Mordes, dann wegen der falschen Verdächtigungen. "Fast acht Jahre später herrscht immer noch Fassungslosigkeit bei uns."

Die Ermittler hatten die Täter teils im familiären Umfeld vermutet oder die Opfer in einen Zusammenhang mit organisierter Kriminalität gebracht. In Richtung rechts wurde nur unzureichend ermittelt - über ein Jahrzehnt tappten die Ermittler im Dunkeln. Angesichts der Ermittlungspannen forderte Grünen-Chef Cem Özdemir im "Reutlinger General-Anzeiger" eine Neuorganisation des Verfassungsschutzes. "Wir brauchen eine neue Sicherheitsarchitektur, denn mit diesem Verfassungsschutz ist die Verfassung nicht zu schützen." Auch die Demonstranten in München forderten lautstark eine Abschaffung des Verfassungsschutzes.

gri/uh (dpa, afp)