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Demokraten bereiten Machtwechsel vor

31. August 2009

Japan hat den größten politischen Umbruch seiner Nachkriegsgeschichte eingeleitet. Bei der Parlamentswahl hatten die oppositionellen Demokraten beinahe zwei Drittel der Mandate errungen.

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Hatoyama auf Zeitung (Foto: AP)
Hatoyama in allen MedienBild: AP

Am Tag nach dem historischen Wahlsieg der japanischen Oppositionspartei DPJ haben am Montag (31.08.2009) die Vorbereitungen für die Regierungsübernahme begonnen. Der designierte neue Ministerpräsident Yukio Hatoyama nahm als Vorsitzender der Demokratischen Partei (DPJ) Sondierungsgespräche über eine Koalition mit den beiden bisherigen Oppositionspartnern, der Sozialdemokratischen Partei und der Neuen Volkspartei, auf. Hatoyamas DPJ hatte am Sonntag der seit 1955 fast ununterbrochen regierende Liberaldemokratischen Partei LDP bei der Unterhauswahl eine verheerende Niederlage bereitet. Die Demokraten gewannen 308 der 480 Sitze, die LDP kam nur noch auf 119.

Der Volkszorn entlud sich

"Ich denke, das Wahlergebnis spiegelt den Ärger der Wähler über die regierende Koalition wider", sagte Hatoyama. Der 62-Jährige soll schon in gut zwei Wochen durch das Unterhaus zum neuen Regierungschef gewählt werden. Er strebe einen schnellen und reibungslosen Machtübergang an, sagte Hatoyama in seiner Siegesrede. Den Menschen versprach er angesichts der schwersten Rezession seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine Politik "ohne Arroganz".

Taro Aso (Foto: AP)
Muss gehen: Taro Aso (LDP)Bild: AP

Der amtierende Ministerpräsident Taro Aso übernahm die Verantwortung für die Niederlage seiner Liberaldemokraten und kündigte seinen Rücktritt als LDP-Vorsitzender an. Die LDP habe es versäumt, die sozialen Probleme im Lande angemessen anzugehen, sagte Aso. Aber auch die Kritik an seiner eigenen Person habe zur Niederlage seiner Partei beigetragen. Nach Ansicht politischer Analysten haben die Wähler vor allem dem gesamten LDP-System und ihrer Art von Politik eine Absage erteilt.

Wie die Kennedys?

Yukio Hatoyama stammt aus einer Politikerdynastie, die oft mit den Kennedys in den USA verglichen wird: Schon sein Großvater war Premier, sein Vater Außenminister, sein jüngerer Bruder, der der LDP angehört, Innenminister. Mit der DPJ übernimmt eine Partei in Japan die Macht, die keine Regierungserfahrung hat. Die in den 1990er Jahren gegründete DPJ ist ein Sammelbecken aus LDP-Überläufern, Sozialdemokraten und ehemaligen Gewerkschaftern.

Hatoyama vor Tafel mit Wahlinformationen (Foto: AP)
Hatoyama im Wahl-Center seiner Partei in TokioBild: AP

Partei großer Wahlversprechen

Hatoyama versprach, seine Partei werde die von "Bürokraten geführte unverantwortliche Politik" der LDP-Ära beenden. Die Demokraten wollen nach eigenen Angaben 100 Parlamentarier auf Schlüsselpositionen in die Ministerien schicken, um die Macht der Bürokratie zu brechen und der Politik zurückzugeben. Profitieren sollen Bürger, die am stärksten von der aktuellen Wirtschaftskrise betroffen sind: Familien mit Kindern, Rentner, Arbeitslose und Landwirte. Wesentlichste Herausforderung für die neue Regierung, so erklärte Wahlsieger Hatoyama, seien der Kampf gegen die Wirtschaftskrise und gegen die Überalterung der Gesellschaft. Er plane, das soziale Netz spürbar auszubauen, Familien finanziell unter die Arme zu greifen und das Recht auf weitgehend kostenfreie Bildung durchzusetzen.

Das Ausgabenprogramm der Demokraten halten Wirtschaftsvertreter und einige Volkswirte allerdings für kaum finanzierbar - zumal Japan die höchste Staatsverschuldung aller Industrieländer hat. Probleme bereitet dem "Land der aufgehenden Sonne" auch die zunehmende Alterung der Bevölkerung. Der designierte Ministerpräsident Hatoyama will seine Politik den Bürgern nicht "aufdrücken", sondern "mit Geduld" den Kontakt zu den Bürgern suchen, um die Politik transparent und nachvollziehbar zu machen.

Abnabelung von den USA?

Außenpolitisch ist von der künftigen Regierung - nach Einschätzung politischer Beobachter - keine radikale Kehrtwende zu erwarten. Allerdings will sich Hatoyama stärker von den USA abnabeln und bessere Beziehungen zu asiatischen Ländern aufbauen. Seine ersten Schritte auf internationalem Parkett wird Yukio Hatoyama vermutlich im September zu Beginn des neuen Sitzungsjahres der UN-Vollversammlung in New York und beim G-20-Gipfel im amerikanischen Pittsburgh machen. Bis dahin begleiten ihn die guten Wünsche des Weißen Hauses. Aus Washington hieß es, man freue sich auf eine "starke Allianz" mit der neuen Regierung in Tokio. (hel/wa/sam/dpa/rtr/afp/ap)