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Demokratiemodell Iran?

15. Juni 2009

Die arabische Presse nimmt das Ergebnis der iranischen Wahlen mit gemischten Gefühlen auf. Interessant sind vor allem jene Stimmen, die die iranische Demokratie weiterhin als Alternative zu westlichen Systemen verstehen.

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Bild: DW

"Wer auch immer Präsident des Irans ist – im Grunde sind die Ayatollahs die wahren Machthaber. Der Präsident darf höchstens die Produktion und Verteilung von Lebensmitteln beaufsichtigen. Auch Gegenkandidat Mussawi hat keine reine Weste – war er nicht zu seiner Zeit als Ministerpräsident ein erklärter Gegner des Friedens mit dem Irak?"

So schreibt die irakische Tageszeitung "Azzaman". Wenn es um den Iran geht, dann werden irakische Kommentatoren schon mal emotional. Kein Wunder, denn das Wahlergebnis im Iran wirkt sich direkt auf die Innenpolitik des Nachbarlandes aus. Es gibt beispielweise schiitische Milizen, die vom iranischen Regime finanziell unterstützt werden.

Wahl mit regionalen Konsequenzen

Überhaupt konnte der Iran in den vergangenen Jahren seinen Einfluss auf seine Nachbarstaaten stark ausbauen. Deshalb galt die Präsidentschaftswahl auch als wichtiger Indikator für die zukünftigen Entwicklungen in der Region. Arabische Parteien und Milizen wie die Hisbollah oder die Hamas sind nicht zuletzt durch die Unterstützung des Iran zu Tonangebern in ihren jeweiligen Ländern avanciert.

Dementsprechend gratulierte Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah Ahmedinedschad  auch mit den Worten: "Ihre Wahl bedeutet Hoffnung für Entrechtete, für Oppositionelle, für Jihadisten und Widerstandskämpfer."

Anders sieht das die libanesische Zeitung "Al-Mustakbal", die dem sunnitischen, pro-westlichen Lager nahesteht:

"Die Exportversuche der iranischen Revolution stellen ein wesentliches Hindernis für die Demokratisierung in der arabischen Welt dar. Das Erbe der iranischen Revolution ist aber auch ein Hindernis für die Demokratie im eigenen Lande, denn es konnte sich letzten Endes nur mit Hilfe von Wahlfälschungen durchsetzen."

Exportschlager iranische Demokratie

Tatsächlich scheint das konkrete Wahlergebnis arabischen Kommentatoren viel weniger Kopfzerbrechen zu bereiten als die Frage nach der Exportierbarkeit des iranischen Demokratiemodells. Die palästinensische "Al-Quds" schreibt: "Nicht, dass wir das iranische Modell befürworten, wir sind auch nicht blind ob der regionalen Machtbestrebungen und der Rolle, die der Iran im Irak spielt… man muss sich aber eingestehen, dass der Iran es in wenigen Jahren geschafft hat, eine funktionierende Demokratie aufzubauen – im Vergleich dazu kann man die arabische Welt nur als rückständig bezeichnen."

In diese Richtung geht auch der Kommentar von Ibrahim Abrash auf der Internetseite von "Arab 48", dem Sprachrohr der arabischen Minderheit in Israel:

"Für all jene, die sich mit demokratischen Entwicklungen in der arabischen Welt beschäftigen lohnt es sich, einen eingehenden Blick auf das iranische Modell zu werfen – trotz seiner Einschränkungen, zum Beispiel dem Einfluss der Mullahs. Denn zwischen Totalitarismus und idealer Demokratie – die ohnehin nicht existiert – gibt es doch jede Menge Übergangsphasen, durch die jeder hindurch muss."

Iranische Mullahs gesprächsbereit

Auch was den Blick in die Zukunft angeht sind die Meinungen in der arabischen Presse geteilt. Erwähnenswert ist vor allem ein Kommentar der saudisch-finanzierten "Al-Hayat", der sich Iran-kritisch, gleichzeitig aber zuversichtlich äußert:

"Die Wiederwahl von Ahmedinedschad bedeutet noch lange nicht, dass sich die Hoffnung auf eine Verbesserung der Außenbeziehungen des Iran nun in Luft auflösen. Der iranische Präsident hat hierzu nicht das letzte Wort. Wer sich mit den Entwicklungen im Iran auseinandersetzt dem wird klar, dass sich die religiösen Kräfte schon längst für einen Dialog mit den USA entschieden haben."   

Autor: Mahmoud Tawfik

Redaktion: Ina Rottscheidt