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Der 'Deal von Deuville' bringt nichts

29. Oktober 2010

Mit dem "Deal von Deuville" mit Frankreichs Präsident Sarkozy hat Bundeskanzlerin Merkel zwar alle gegen sich aufgebracht, kann sich aber nichts davon kaufen. Eine Vertragsänderung ist nicht absehbar.

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Kommentar-Grafik (Quelle: DW)
Bild: DW

Bundeskanzlerin Merkel hat die richtigen Anliegen vorgebracht, aber bei diesem Gipfel wenig davon durchgesetzt. Ob der Dezembergipfel tatsächlich das gewünschte Ergebnis bringen wird, ist bisher nur eine Hoffnung. Der Grund liegt nicht zuletzt in der Separat-Absprache mit dem französischen Präsidenten Sarkozy. Durch den "Deal von Deauville" kurz vor dem Gipfel war es ihr gelungen, so ziemlich jeden in der EU gegen sich aufzubringen.

Christoph Hasselbach (Foto: DW)
Christoph HasselbachBild: DW

Die Befürworter automatischer Sanktionen gegen Defizitsünder merkten mit Schrecken, dass die Deutsche dieses zentrale Ziel aufgegeben hatte. Damit ist Merkel auch der Kommission in den Rücken gefallen. Die Kommission hatte dieses Ziel verfolgt und konnte sich bis Deauville immer deutscher Unterstützung sicher sein. Schließlich musste sich auch Ratspräsident Van Rompuy überrumpelt fühlen. Der war ja von den Staats- und Regierungschefs mit der Ausarbeitung von Reformen beauftragt worden, und noch bevor er seine Ergebnisse offiziell vorstellen konnte, verkündeten die großen Zwei, sie hätten sich bereits entschieden.

Als Gegenleistung hatte Merkel von Sarkozy die Zusicherung erhalten, Frankreich werde die von Deutschland geforderten Vertragsänderungen mittragen. Wie wenig das wert war, musste Merkel dann beim Gipfel erleben. Selten hat sich eine solche Wand des Widerstands aufgebaut, vor allem in der Frage des Stimmrechtsentzugs. Das heißt, Merkel hatte frühzeitig eines der wichtigsten Mittel der Euro-Stabilisierung aus der Hand gegeben, kann sich aber für die "Gegenleistung" nichts kaufen, bisher jedenfalls nicht.

Denn ob sich die EU nun bis Dezember auf eine sogenannte kleine Vertragsänderung einigen kann, hängt längst nicht nur von Frankreich ab. Die Sache mit dem Stimmrechtsentzug kann Merkel ohnehin vergessen. Jetzt sagt sie nur noch, sie wolle das Thema "auf der Tagesordnung halten". Weiter als bis zur Tagesordnung wird es nicht kommen. Anders sieht es mit dem dauerhaften Rettungsmechanismus für angeschlagene Staaten aus. Die Beteiligung privater Gläubiger ist überall populär. Und die Angst im gesamten Euro-Gebiet vor einer Staatspleite könnte für den nötigen Druck sorgen, in diesem Bereich auch kleinere Vertragsänderungen durchzusetzen.

Das Ironische ist: Hätte Merkel beim Gipfel bis zum Schluss für die automatischen Sanktionen gekämpft und Verbündete gesucht, hätte sie sich und der gesamten EU vielleicht einen Teil der Auseinandersetzungen um Vertragsänderungen ersparen können. Denn je strenger die Disziplinierungsinstrumente VOR dem Krisenfall, desto unwahrscheinlicher, dass der Krisenmechanismus in Anspruch genommen wird.

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Fabian Schmidt