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Denken und Demonstrieren

29. März 2003

Trotz des unabsehbaren Kriegsendes richten Bundesregierung und Opposition ihren Blick immer mehr auf den Wiederaufbau des Irak. Unterdessen gingen die Proteste gegen den Krieg unvermindert weiter.

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Anti-Kriegs-Demo in BerlinBild: AP

Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) nahm am Samstag (29.03.2003) innerhalb der Bundesregierung die bislang deutlichste Position zur Nachkriegsordnung ein. Er sprach sich gegen die Entsendung deutscher Blauhelm-Soldaten nach Kriegsende aus, aber für deutsche Wiederaufbauhilfe. Die Opposition trat für beides ein. In der Union und bei den Grünen sorgte der Irak-Krieg weiter für innerparteiliche Kontroversen.

Menschenkette

Die größten Kundgebung fand in Berlin statt, wo nach Polizeiangaben mehr als 50.000 Menschen auf die Straße gingen. Auf der Schlusskundgebung forderte DGB-Chef Michael Sommer von der Bundesregierung, zu ihrem Nein zum Krieg zu stehen. Bei einer weiteren Aktion verbanden rund 40.000 Kriegsgegner mit einer 50 Kilometer langen Menschenkette die Rathäuser der Städte Osnabrück und Münster. In diesen Städten war 1648 der Westfälische Friedens geschlossen.

Mehrere tausend Kriegsgegner bildeten auch in Stuttgart eine Menschenkette um das europäische Oberkommando der US-Streitkräfte. Rund 1100 Demonstranten blockierten das Haupttor des US- Luftwaffenstützpunktes am Frankfurter Flughafen.

Mögliche Blauhelm-Mission umstritten

Zu einer möglichen Blauhelm-Mission sagte Struck, dies sei jetzt "nicht die Frage". Jetzt gehe es "um die humanitäre Hilfe, um sauberes Wasser und Nahrungsmittel für die Menschen", betonte der Minister in der "Bild am Sonntag". "Und für den Wiederaufbau des Irak sind keine Soldaten gefragt." Struck hatte noch vor Tagen den Einsatz deutscher Blauhelm- Soldaten nicht ausgeschlossen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat dazu noch nicht abschließend Stellung bezogen. Der verteidigungspolitische Sprecher der FDP, Günther Nolting, hielt dagegen den Einsatz deutscher Soldaten beim Wiederaufbau des Irak ähnlich wie Unions-Fraktionsvize Wolfgang Schäuble (CDU) für unausweichlich.

Schröder bekräftigte, die Regierung werde ihre Soforthilfe für den Irak von 40 auf 80 Millionen Euro verdoppeln. Unklar blieb die Haltung der Regierung zu einer finanziellen Beteiligung am Wiederaufbau eines kriegszerstörten Irak. Nach Ansicht von Schröder kann dafür auf die Erträge aus den irakischen Ölvorkommen zurückgegriffen werden. Struck meinte, Deutschland sollte sich auch finanziell am Wiederaufbau des Irak beteiligen.

Die Christdemokraten und die Basis

In der CDU werden die Warnungen an Parteichefin Angela Merkel immer lauter, sich mit ihrer pro-amerikanischen Haltung nicht zu weit von der Basis zu entfernen. Nachdem auch Merkel zuletzt Unruhe unter den Mitgliedern eingeräumt hatte, forderten die Ministerpräsidenten des Saarlandes und Sachsen-Anhalts, Peter Müller und Wolfgang Böhmer (beide CDU), die Sorgen der Basis wirklich ernst zu nehmen.

SPD-Generalsekretär Olaf Scholz widersprach der Kritik, die SPD nehme eine neutrale Position in dem Krieg ein. Man wünsche den USA und Großbritannien als Verbündeten Deutschlands Erfolg, sagte Scholz der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Die SPD-Führung halte den Krieg aber für einen fatalen Fehler. (dpa)