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"Deutschland muss mehr zum Bündnis beitragen"

Gero Schließ30. September 2014

Verteidigungsministerin von der Leyen hat eingeräumt: Deutschland kann wegen Ausrüstungsmängeln seinen NATO-Bündnisverpflichtungen nicht nachkommen. Der US-Kongressabgeordnete Charlie Dent kritisiert das im DW-Interview.

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Charlie Dent - Foto: DW-Archiv
Bild: gemeinfrei

DW: Deutschland kann gegenwärtig nicht seinen NATO-Verpflichtungen nachkommen. Stellt das aus Sicht der USA seine Verlässlichkeit als enger Verbündeter infrage?

Charlie Dent: Viele in Amerika schätzen die deutsche Führungsrolle in Europa, wenn es um wirtschaftliche Belange geht. Wir erkennen starke Führungsqualitäten an, wenn wir sie sehen. Wenn es um Sicherheitsbelange geht, glaube ich wie viele andere Amerikaner auch, dass Deutschland in seiner Gewichtsklasse spielen sollte. Deutschland muss mehr zum Bündnis beitragen, bei der Verteidigung und bei den Geheimdiensten!

Ich habe mich dafür ausgesprochen, dass Deutschland in das "Five Eyes Agreement" aufgenommen wird, die Spionage-Übereinkunft zwischen den USA, Großbritannien, Kanada, Neuseeland und Australien. Das ist gescheitert, weil Deutschland nicht genug in seine Geheimdienstfähigkeiten investiert. Viele in den USA glauben, dass Deutschland wichtig ist, wenn es darum geht, die internationale Ordnung zu verteidigen. Deutschland sollte als viergrößte Volkswirtschaft der Welt eine größere Verantwortung für die gemeinsame Sicherheit schultern.

Aber nochmal gefragt: Stellt die Unfähigkeit, NATO-Verpflichtungen zu erfüllen, Deutschlands Verlässlichkeit als Verbündeter infrage?

Die USA und Deutschland werden enge Freunde und Verbündete bleiben, ungeachtet dessen, was in den letzten Jahren passiert ist. Aber es wird immer schwieriger für die USA, bei Problemen wie dem "Islamischen Staat" auf Deutschland zu zählen. Die Vereinigten Staaten brauchen hier Partner mit starken militärischen Fähigkeiten. Wir wollen, dass Deutschland Teil dieser Streitmacht ist. Und vergessen Sie nicht: Deutschland verkauft viele Waffen. Und die sind sehr effektiv.

Aber da gibt es ein generelles Problem. Deutschland hat ohne Frage die größten Verteidigungs-Kapazitäten aller europäischen Verbündeten. Ich bin besorgt, dass die USA ihren Beitrag zur NATO, der drei Viertel ausmacht, überdenken. Nur drei europäische Staaten geben zwei Prozent ihres Bruttosozialprodukts für Verteidigung aus: Estland, Großbritannien und Griechenland.

Charlie Dent (l.) im Gespräch mit DW-Korrespondent Gero Schließ - Foto: Gero Schließ (DW)
Charlie Dent und DW-Korrespondent Gero SchließBild: DW/G.Schliess

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier versicherte am Samstag vor der UN-Vollversammlung, dass Deutschland eine größere Rolle in internationalen Sicherheitsfragen spielen wolle. Hat er nach den Veröffentlichungen (über den Zustand der Bundeswehr-Ausrüstung) seine Glaubwürdigkeit eingebüßt?

Nein, das glaube ich nicht. Außenminister Steinmeier meint was er sagt. Aber dass Deutschland eine größere Rolle in Fragen der Sicherheit spielen will, ist zu diesem Zeitpunkt eher eine Absichtserklärung.

Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, sagte, das Ganze sei beschämend für so ein großes und wirtschaftsstarkes Land wie Deutschland. Stimmen Sie ihm zu?

Es ist eine Frage des Stolzes und des Selbstrespekts, dass Deutschland seine Verteidigungsfähigkeiten erhöht. Ich weiß nicht, wie lange die amerikanische Öffentlichkeit es erlaubt, dass die USA weiterhin die schwere Verantwortung alleine schultern.

Wie gesagt: Deutschland kämpft in einer zu geringen Gewichtsklasse. Das Land hat großes Gewicht. Und so sollte es sich auch verhalten. Wenn du ein starker Junge bist und zu leichte Gewichte hebst, dann ist das nicht gut.

Charlie Dent ist republikanischer Kongressabgeordneter aus dem US-Staat Pennsylvania. Er ist stellvertretener Vorsitzender der Ländergruppe für Deutschland im Repräsentantenhaus.