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Der afrikanische Bundespräsident

1. Juni 2010

Die ganze Welt hat Horst Köhler als Bundespräsident bereist. Aber Afrika lag ihm besonders am Herzen. Was bleibt von Horst Köhlers Afrika-Engagement nach seinem überraschenden Rücktritt? Eine Bilanz.

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Horst Köhler (Bild: dpa)
Ihm lag Afrika am Herzen: Horst KöhlerBild: picture-alliance/ dpa

Das offene Wort pflegte Horst Köhler in Deutschland wie in Afrika. Korruption, Kriege, politisches Versagen – Afrikas Probleme benannte Horst Köhler direkt und deutlich. Doch die positive Seite fand beim ihm genauso viel Gewicht. Im Mittelpunkt stehen bei ihm die Leistungen der Menschen in Afrika. So lobte er die Entwicklung der Zivilgesellschaft, die Entstehung von Kooperativen und Gesundheitsinitiativen.

Das Schicksal Afrikas


Horst Köhler und der Ex-Präsident von Ghana, John Agyekum Kufuor 2007 (Bild: dpa)
Horst Köhler und der Ex-Präsident von Ghana, John Agyekum Kufuor 2007Bild: picture-alliance/dpa

Ob Lob oder Kritik – eins war dem früheren Bundespräsidenten dabei immer wichtig: Der Dialog auf Augenhöhe zwischen Afrikanern und Deutschen. Bereits in seiner Antrittsrede als Bundespräsident im Juli 2004 hatte Köhler deutlich gemacht, dass Afrika für ihn Priorität habe. "Für mich entscheidet sich die Menschlichkeit unserer Welt am Schicksal Afrikas", sagte Köhler vor den Abgeordneten des Bundestags. In Afrika fiel der Jubel über solche Worte verhalten aus – dort wurde Köhler zunächst skeptisch beäugt. Denn bis 2004 amtierte Köhler als Direktor des Internationalen Währungsfonds, IWF. Der IWF hatte in vielen Ländern beisielsweise Schulgebühren eingeführt und die Behandlung in Krankenhäusern kostenpflichtig gemacht – um die Staatshaushalte zu sanieren. Ulf Engel hat als Afrika-Wissenschaftler an der Universität Leipzig Deutschlands Verhältnis zu Afrika lange beobachtet: "In Afrika gab es eine Menge Leute, die die Figur Köhler sicherlich identifiziert haben mit der Politik des IMF in Afrika. Köhler hat danach dann in seiner ersten Amtszeit die 'Partnerschaft für Afrika' gegründet", sagt Engel. Er habe damit ein eigenes Format gefunden, das ihn in Afrika recht populär gemacht habe. "Dieser Dialog, den er geführt hat, hat punktuell sehr stark sein Image geändert."

Junge Generationen einbeziehen

Horst Köhler in Benin (Bild: dpa)
Horst Köhler in BeninBild: picture-alliance / dpa/dpaweb

Mit seiner "Partnerschaft mit Afrika" versuchte Köhler, den Dialog auf Augenhöhe auch in der Praxis umzusetzen. Die Herausforderungen von Afrikas junger Generation, das schwierige Verhältnis von Afrika zu Europa – solche Themen diskutierten in seinem Beisein nicht nur Vertreter der Eliten. Auch junge Deutsche und Afrikaner waren dabei, denn Köhler wollte auch die nachfolgenden Generationen stets einbeziehen. Kritiker warfen Köhler vor, dass die Treffen keine Folgen hätten. Denn schließlich mangele es nicht an Konzepten für Afrikas Zukunft, sondern an Taten. Was also hat Köhler für Afrika erreicht?
"Was er gebracht hat, sind sehr pointierte Stellungnahmen zur Politik des Nordens gegenüber Afrika", sagt Engel. Da habe er auch zum Unwohlsein des einen oder anderen Politikers sehr klar Stellung bezogen, was der Norden anders machen müsse: Subventionsabbau, Afrika ernst nehmen, auf einer Augenhöhe reden und ähnliche Themen. "Seine Tragik ist eher, dass er es in diesen sechs Jahren nicht geschafft hat, dass das politische Berlin ihm zuhört."

Viel Lärm um nichts?

Denn umsetzen konnte Köhler die Beschlüsse seiner "Partnerschaft mit Afrika" ohnehin nicht: Deutschlands Verfassung räumt dem Bundespräsidenten nur repräsentative Aufgaben ein. Nach Köhlers Rücktritt droht die Gefahr, dass Afrika in der deutschen Politik bald noch weniger Priorität genießt als bisher. Denn üblicherweise setzt ein Nachfolger im Amt des Bundespräsidenten dessen Schwerpunkt nicht fort, sondern will eigene Akzente setzen. Ob dies wieder Afrika sein wird, ist fraglich.

Autoren: Maja Braun, Daniel Pelz

Redaktion: Christine Harjes