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"Der Balkan ist zu klein, um Träume von Großstaaten zu erfüllen"

22. Februar 2007

Im Interview mit DW-RADIO nimmt der mazedonische Außenminister Antonio Milososki Stellung zur Kosovo-Frage, zur Kritik am Reformentempo der Regierung in Skopje sowie zum Namensstreit Mazedoniens mit Griechenland.

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Außenminister Milososki im Gespräch mit DW-Intendant Erik Bettermann.Bild: DW/B.Frommann

DW-RADIO/Mazedonisch: Herr Milososki, mit Blick auf den zukünftigen Status des Kosovo gibt es insbesondere in Griechenland Bedenken. Dort fürchtet man, dass eine begrenzte Unabhängigkeit auch den Weg ebnen könnte für eine Loslösung von West-Mazedonien. Sind diese Bedenken Ihrer Meinung nach begründet?

Antonio Milososki: Ich glaube, wir sind uns des politischen Risikos bewusst, dass sichtbare Spannungen bestehen, insbesondere hinsichtlich des Kosovo. Wir sind aber davon überzeugt, dass eine Verzögerung bzw. ein ungelöster Status des Kosovo dieses Risiko nur erhöhen wird. Wenn wir aber die heutige Situation mit der vor 15 Jahren vergleichen, kann man sagen, dass Europa nie vereinter war als heute und der Balkan nie demokratischer.

Alle Balkanstaaten, ihre Regierungen und politischen Eliten haben eine gemeinsame Zielrichtung: die Integration in NATO und EU. Das ist die größte Garantie. Denn wir müssen daran glauben, dass die Kraft der Demokratie und ein mit Europa vereinter Balkan größer sein wird als die kleinen extremistischen Gruppen, die es noch immer auf dem Balkan gibt und die noch immer von Teilung träumen. Der Balkan ist zu klein, um Träume von Großstaaten zu erfüllen. Daher werden wir meines Erachtens den Plan von Martti Ahtisaari zusammen mit den übrigen Nachbarn annehmen und damit erneut bestätigen, dass nationale Lösungen keine territorialen Lösungen sind, was die Umsetzung europäischer Standards voraussetzt. Ich glaube, das ist eine gute Lösung für alle.

Die Regierung in Skopje mit vielen jungen Fachleuten hat sich den Weg in EU und NATO vorgenommen. Aber in den vergangenen Wochen bemängeln EU-Politiker, die Skopje besuchen, dass der Reformprozess nicht schnell genug vorangeht. Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen?

Die Kritik nehmen wir an und betrachten sie als gut gemeinte Hinweise. Ich meine zudem, dass jede Reform in Mazedonien, jedes Engagement eine messbare Kategorie ist. Ich denke, der Reformprozess in Mazedonien läuft. Doch sind die Erwartungen unserer Freunde in der EU höher, weil Mazedonien den EU-Kandidatenstatus hat. In jedem Fall haben wir wegen des Wahlkampfs und danach bis zur Regierungsbildung im vergangenen Jahr etwas Zeit verloren. Das war eine Chance, die wir verpasst haben. Im Augenblick widmen wir uns stark den Reformen. Ich finde, Mazedonien hat die Kraft, die europäischen Reformen durchzuführen und Ergebnisse zu erzielen.

Griechenland und Bulgarien knüpfen ihre Unterstützung Mazedoniens auf seinem Weg in die EU an die Bedingung, dass Mazedonien ihnen bei ihren Einwänden gegen die mazedonische Sprache, den Namen und die Staatssymbole entgegenkommt. Wie ist der momentane Stand der Entwicklungen im Namensstreit mit Griechenland?

Die politischen Beziehungen und die der Politiker untereinander, also der Staatspräsidenten, Ministerpräsidenten und Außenminister sind sehr intensiv und korrekt. Was uns freut, ist die Tatsache, dass alle unsere Nachbarn und insbesondere Bulgarien und Griechenland sich dessen bewusst sind, dass der Erfolg der Integration und die Stabilität Mazedoniens auch in ihrem nationalen Interesse liegen. Dagegen ist der Streit um den Namen mit Griechenland noch nicht beigelegt. Unter Vermittlung der Vereinten Nationen diskutieren wir darüber und wir sagen eindeutig: Wir sind als Staat zu einem bilateralen Kompromiss mit Griechenland bereit. Mazedonien ist bis jetzt unter seinem Verfassungsnamen von 114 Staaten anerkannt worden. Die einzigen Unstimmigkeiten bestehen zwischen Skopje und Athen. Für diesen bilateralen Streit müssen wir auch eine bilaterale Lösung finden.

Das Interview führte Nada Steinmann
DW-RADIO/Mazedonisch, 16.2.200, Fokus Ost-Südost