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Der besondere Kick

Holger Hank6. Januar 2003

Internet-Cafés als Hort der Gewalt? Im Großraum Los Angeles geraten Cybercafés derzeit ins Visier von Polizei und Politikern. Bei einer Reihe von Vorfällen gab es Tote und Verletzte.

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Virtuelles Gemetzel: "Counter-Strike"Bild: AP

Mehrere Schüssen fielen, die Kugeln trafen zwei Jugendliche, einen davon in den Kopf. "Wie im Western", berichteten Augenzeugen danach. Es war nicht das erste Mal, dass das Internet-Café "NetStreet" im kalifornischen Northridge mit einem Gewaltverbrechen in die Schlagzeilen geraten war. Im Juli 2002 starb ein 19-Jähriger, der nach einem Besuch in dem Café niedergestochen wurde.

"Counter-Strike"-Turnier

Computerspiel Counter-Strike
Counter-Strike in AktionBild: AP

Bei dem jüngsten Vorfall zwischen Weihnachten und Neujahr hatten die Jugendlichen an einem so genannten "PC bang" teilgenommen, an einer virtuellen Computerschlacht in einem PC-Netzwerk. Dabei treten mehrere Spieler gegeneinander an. Der Café-Besitzer hatte extra einen Wettkampf organisiert: 300 Dollar gab es für den besten "Counter-Strike"-Spieler. Dieses "Ballerspiel" ist nicht zuletzt durch den Amoklauf in Erfurt zu trauriger Berühmtheit gekommen. Der Amokläufer soll ein Fan des brutalen PC-Vergnügens gewesen sein.

Die Polizei in Los Angeles und Umgebung beobachtet Gewalttaten in Zusammenhang mit Internet-Cafés und Gewaltspielen seit einiger Zeit mit Sorge. Im Bezirk Orange County starben zwei junge Männer nach Streitigkeiten in einem Internet-Café. Seitdem müssen in diesem County in jedem Netz-Café abends Sicherheitskräfte postiert werden. Den Nachbarn des "NetStreet" geht selbst diese drastische Maßnahme noch nicht weit genug. Sie fordern die Schließung des Cafés. In der Nähe haben sie Schilder aufgebaut: "Verschwindet aus unserem Leben!" und "Zieht fort!".

Der besondere Kick

In den USA hat sich das Cybercafé-Geschäft in den vergangenen Jahren grundlegend gewandelt. In der Anfangszeit zogen die Cafés vor allem Surfer an, die zu Hause keinen eigenen Internetanschluss hatten. Inzwischen sind jedoch mehr als die Hälfte der US-Amerikaner "drin" und in fast allen öffentlichen Biblotheken gibt es kostenlose Internet-PCs. Vielerorts sind die Cafés der ersten Stunde deshalb inzwischen schon wieder verschwunden.

Dafür finden sich jetzt immer öfter angesagte Etablissements à la "NetStreet", in denen sich Teenager zu Cyberschießereien treffen. Um mit Nintendo, Playstation & Co. konkurrieren zu können, sind die High-Tech-Cafés mit besonders schnellen Rechnern und blitzschnellen Netzwerken ausgestattet. Die Internet-Cafés haben sie dadurch zum Jugendtreff mit einem ganz besonderen Kick entwickelt: Schließlich kann man nur hier seinen Tischnachbarn virtuell über die Klinge springen lassen. Dieses Spektakel zieht offenbar zunehmend eine gewalttätige Klintel an. Für den Lokalpolitiker Dennis Zine ist das inzwischen ein unhaltbarer Zustand. Er fordert jetzt scharfe Kontrollen: "Wir haben Vorschriften für Alkohol und Zigaretten", sagte Zine der "Los Angeles Times, "doch für die Sicherheit von Jugendlichen, die sich mit brutalen Computerspielen vergnügen, tun wir nichts."